– Guantanamo Bay* – ,,Der Dolch in cubanischer Erde.“
„ Stellt euch vor wir hätten, nachdem wir die Briten in unserer Revolution geschlagen hatten, sie mit ein paar tausend Truppen und einen Haufen Kriegsschiffe im Hafen von New York lagern lassen. Verrückt!“(Michael Moore )
Die Geschichte des US-Marinestützpunktes ,,Guantanamo Bay Naval Base“ (GTMO) liegt bereits über 100 Jahre zurück und hat ihre Wurzeln im zweiten cubanischen Unabhängigkeitskrieg 1895 gegen die damalige Kolonialmacht Spanien, welche seit dem 16. Jahrhundert Cuba im Rahmen der Conquista besetzt hielt. (Cuba Libre Artikel) Bis 1897 sind erfolglose Versuche der US-Regierung dokumentiert, den Spaniern die gesamte Insel abzukaufen. Nachdem der cubanische Krieg gegen die Besatzer schon 3 Jahre andauerte, intervenierten die USA 1898 unter dem Vorwand der Befreiung Cubas und konnte so eine Einflusssphäre erweitern, unter anderem besetzten sie dabei die Bucht von Guantanamo, welche damals schon über eine strategisch relevante Hafenanlage verfügte. Dies geschah zu einer Zeit, als der Krieg gegen die Spanier für die Cubaner schon so gut wie gewonnen war. In den USA wird auch heute noch vom ,,Spanisch-Amerikanischen Krieg“ gesprochen, als wären die Cubaner daran gar nicht beteiligt gewesen.
Die beiden Großmächte setzten in Paris unter Ausschluss von Cuba einen Friedensvertrag auf, demzufolge Spanien seine letzte Kolonie verlor. Der cubanische General Máximo Gómez erklärte dazu: „Es gibt so viel Wut und Schmerz auf der ganzen Insel, dass die Leute nicht wirklich, in der Lage sind, den Triumph des Endes der Macht ihrer früheren Beherrscher zu feiern.“ Entgegen dem Inhalt der Kriegserklärung der USA an Spanien, „die Regierung und Kontrolle der Insel ihrer Bevölkerung zu überlassen“, erhielten imperialistische Interessen Vorrang, vor der cubanischen Unabhängigkeit und so wurden Wirtschaft und Politik den Interessen einer neuen Großmacht ausgerichtet, die sich in Cuba ausbreitete. 1899-1902 stand die Insel unmittelbar unter amerikanischer Militärverwaltung, im Zuge dessen wurde die cubanische Verfassung 1903 um das „Platt Amendement“ erweitert. Dieser Zusatz gewährte den USA ein Interventionsrecht im Falle innerer Unruhen und die Abtretung 116km2 cubanischen Staatsgebiets an die USA, um es als Flottenbasis zu nutzen, damals noch für 99 Jahre und zu einer jährlichen Pacht von 2000 US-Dollar. 1934 wurde der Vertrag erneuert, es blieb das Recht der Nutzung der Bucht von Guantanamo als Marinebasis. Der Pachtvertrag wurde auf unbestimmte Zeit verlängert und es wurde festgehalten das beide Vertragspartner einer Aufhebung des Vertrages zustimmen müssen. 1938 wurde die Gebühr auf 4085 US-Dollar erhöht. In der Zeit zwischen 1903 und 1958 lösten sich cubanische Regierungen ab, die ihren jeweiligen Kurs nach den Interessen der USA ausrichteten.
Die Geschichte von Guantanamo Bay nach der Revolution
Erst im Jahr 1959 mit dem Triumph der Revolution gab es einen Umbruch in den Beziehungen zwischen Cuba und den USA. Die neue revolutionäre Regierung akzeptierte die Militärpräsenz nicht mehr, sah sie als Angriff auf die Souveränität des cubanischen Staates und forderte die Rückgabe des gepachteten Gebiets. Fidel Castro äußerte: „Wir werden die Basis nicht mit Gewalt zurückholen, aber wir werden dieses Stück Land niemals aufgeben.“ Nachdem im Revolutionsjahr der Scheck zur Pachtung der Bucht einmalig eingelöst wurde, wertete dies die US-Regierung als Fortführung des Pachtvertrages. Weiterhin ist die cubanische Regierung der Meinung, dass der Vertrag nach völkerrechtlichen Gepflogenheiten abgelaufen sei und der ursprünglich formulierte Zweck „der Schutz der Unabhängigkeit Cubas und dessen Bevölkerung“ keine aktuelle Notwenigkeit besitze. Die US-Regierung entgegnet dass der ursprüngliche Pachtvertrag 1934 verlängert wurde und unbefristet hieße unbefristet. Seit den 1960er Jahren wurde kein Scheck mehr eingelöst und die Cubaner enteigneten alle US-Betriebe, welche den größten Teil der cubanischen Infrastruktur zu diesem Zeitpunkt ausmachten. Die USA brachen daraufhin sämtliche diplomatischen Beziehungen zu Cuba ab und versuchten 1961 vergeblich noch ein Mal ihr Einflussgebiet militärisch zurückzugewinnen, durch die brutale Invasion in der Schweinebucht, die 150 Cubanern das Leben kostete.
Aktuelle Entwicklungen in Guantanamo Bay
Neben verschiedenen Angehörigen des US-Militärs, der „Joint Detention Force“ (JDF) welche Wachmannschaften und Ermittler umfasst, unterhält der Stützpunkt heute Mitarbeiter verschiedener US-Geheimdienste und des FBI’s. Zusätzlich kommen die Marineinfanteristen hinzu, welche den 27 km langen Grenzzaun bewachen, die Familienangehörigen, welche im zivilen Teil des Stützpunktes wohnen und die Mitarbeiter der Unterhalts- und Versorgungseinrichtungen, ganz zu schweigen von den Insassen des Gefangenenlagers. Der zivile Teil der Basis verfügt über eine Kleinstadt, welche ebenfalls Guantanamo Bay heißt. Sie verfügt über eine Grund- und eine Oberschule, eine Kapelle und Filialen von McDonalds, einem Starbucks Coffeeshop usw.
Zwischen 1962-1996 kam es zu 5308 Provokationen gegen cubanisches Wachpersonal, das bedeutet ungefähr alle zwei Tage. 785 Mal wurde in diesem Zeitraum auf cubanisches Territorium und ebenfalls auf cubanische Wachposten geschossen. Diese Vorfälle trugen unter anderem zu einer Verschärfung der Konfrontation zwischen Cuba und den USA bei. Zum Beispiel schaffte es Guantanamo Bay 1991 deshalb in die Schlagzeilen, weil es einen Putsch gegen den haitianischen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide gab und daraufhin Tausende Flüchtlinge von der US-Küstenwache nach Guantanamo Bay gebracht wurden. Zeitgleich wurde auch hier die Truppenpräsenz aufgestockt, in höchste Alarmbereitschaft versetzt und auf Interventionen vorbereitet. Auch stellen die Manöver des US-Militärs eine Provokation für die Cubaner dar. So kam es 1991 auf dem viertem Parteitag der PCC (Kommunistische Partei Cubas) in Santiago, auf dem natürlich alle wichtigen Funktionäre Cubas anwesend waren, , zu einem Zwischenfall, weil 4 Transportflugzeuge und 6 Hubschrauber ein Manöver flogen, nur wenige Flugminuten von dem Parteitag entfernt. .
Seit dem Anfang des Afghanistankrieges 2001 wurde das berüchtigte Gefangenenlager aufgebaut. Anfangs konnte „Camp X-Ray“ 320 Gefangene aufnehmen, bis es ein paar Monate später durch das wesentlich größere „Camp Delta“ ersetzt wurde. Auf Grund der geographischen Lage, ergibt sich eine höchst umstrittene Rechtslage. Kein US-Gericht fühlt sich zuständig für die Insassen, die oft ohne Anklage und Rechtsbeistand inhaftiert sind. Diese Tatsache wurde vom Supreme Court, dem obersten Gerichtshof der USA, als Verstoß gegen die Genfer Konvention (Menschenrechte) und die eigene Verfassung gewertet. Unter Präsident George W. Bush wurde nun für eine Sondergerichtsbarkeit gestimmt, denn andernfalls hätte er die Bedingungen in Guantanamo Bay den Mindestanforderungen von US-amerikanischen Gerichten anpassen müssen. Diese Sondergerichtsbarkeit beinhaltet unter anderem den Sonderstatus des „feindlichen Kämpfers“ für die Insassen, welcher Ihnen die Privilegien eines Kriegsgefangenen verweigert. Immer wieder kam an die Öffentlichkeit, dass in Camp Delta Menschen zu Unrecht inhaftiert wurden und dass Folter keine Ausnahme sondern die allgegenwärtige Praxis darstellt. Nach offiziellen Angaben der US-Regierung werden im Lager nur mutmaßliche al-Qaida, sowie Taliban-Kämpfer inhaftiert, von denen sich die US-Regierung wichtige Informationen erhofft. Vom menschlichen Aspekt einmal abgesehen, ist der Nutzen von Informationen die man durch Folter erhält sehr umstritten. Die angewandten Methoden stellen bis heute praktizierte Menschenrechtsverletzungen dar. Bis zu 14 Stunden Verhöre, unmenschliches Verhalten der Wärter, Waterboarding, eine Foltermethode, bei dem das Ertrinken simuliert wird, oder auch sexueller Missbrauch sind hierbei nur eine kleine Auswahl. Seit Jahren sind diese Praktiken bekannt und zahlreiche Organisationen fordern die Schließung des Lagers oder / und ein Ende der Besatzung der Bucht von Guantanamo. Auch das europäische Parlament, zahlreiche Staaten und Experten der Vereinten Nationen fordern die Schließung von Guantanamo.
Guantanamo Bay unter Präsident Obama
Präsident Obama gewann die US-Präsidentenwahl unter anderem mit folgenden Versprechungen: Schließung des Gefangenenlagers bis Januar 2010 und zuvor zivile Strafgerichte statt Sondergerichtsverfahren für alle Insassen. Bisher gelang es Obama lediglich die Anzahl der Gefangenen von 680 Insassen bei Amtsantritt auf unter 200 zu reduzieren. Der US-Präsident hüllt sich in Schweigen, was die Nicht-Einlösung seiner Wahlversprechen bezüglich Guantanamo Bay angeht und so ist der einzige offizielle Kommentar, neben seiner jüngsten Fernsehansprache Cuba betreffend: ,,Wir arbeiten daran .“
In Anbetracht der Geschichte und den aktuellen Entwicklungen Guantanamo Bay betreffend, ist die Forderung nach mehr Demokratie und dem Verweis auf die Menschenrechtslage in Cuba (wie auch im Falle Venezuelas als aktuelles Beispiel, siehe: https://amerika21.de/2015/03/114105/nationale-sicherheit-usa) seitens der US-Regierung eine von vielen Scheinheiligkeiten der US-amerikanischen-cubanischen Geschichte. Wie jeder Staat, hat Cuba ein Recht auf Souveränität und Sicherheit, deshalb fordern wir ebenfalls die Schließung der US-Marinebasis Guantanamo Bay.
*Achtung, nicht verwechseln: Guantanamo ist eine Provinzhauptstadt in der gleichnamigen Provinz, der besetzte US-Marine-Stützpunkt wird Guantanamo Bay genannt.
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