Um ein umfangreicheres Vorwissen zum Interview über die damalige Lage zu erhalten, hier eine historische Ergänzung.
Vorgeschichte
Als Kongo-Wirren werden die politischen Zwischenfälle in der Demokratischen Republik Kongo zwischen 1960 bis 1967 bezeichnet. Mit der Ausrufung der Unabhängigkeit und der darauffolgenden belgischen Invasion im Kongo nahm die Krise Ihren Verlauf. Als der belgische Generalleutnant den Kongolesen keinerlei Änderungen Ihres Status zugestand, rebellierten die Soldaten gegen ihre Offiziere, weil sie nach der Unabhängigkeit noch immer keine Kongolesen als Offiziere einstellten und sich diese strukturell diskriminiert fühlten. Aufgrund des befürchteten Verlust des zuvor gesicherten Einflusses auf das Land, entsandte die belgische Regierung Truppen, um die Kontrolle wiederherzustellen. Präsident und Premierminister unterstützten zunächst dieses Vorgehen. Als sich jedoch mit der Sezessionsbewegung auch die Provinzen Katanga, Moise unter Tschombe abspalteten, bat Premierminister Lumumba die Vereinten Nationen um Hilfe. Trotz der UN-Missionen, welche nach und nach die belgischen Truppen im Land ablösten, unternahmen die Blauhelme nichts gegen die Einflussnahme des Kolonialismus unter Tschombe im Süden.
Im September 1960 kam es zu einer Verfassungskrise, in welcher Präsident Kasavubu und Premier Lumumba sich gegenseitig absetzten. Aus dem Krisenzustand – ausgelöst durch den Kolonialismus – wurde die Lage im Kongo zunehmend Aussichtslos. Nun wandte sich Lumumba an die Sowjetunion, weil die USA die Hilfe verweigerten und die Lage der Bevölkerung miserabel war. Dieses Abkommen wurde weniger aus ideologischen Gründen geschlossen als schlicht aus der Erkenntnis Lumumbas heraus, dass sein Land zum Spielball westlicher Länder gemacht worden war. Durch die Hilfestellung der UdSSR gelangte er ins Visier westlicher Geheimdienste, darunter CIA und MI6.
1961 putschte Kasavubu in Absprache mit der CIA gegen Lumumba. Der Mordauftrag, welcher von CIA und MI6 ausgestellt wurde, führte zur Erschießung von Lumumba. Zuvor wurde er jedoch noch misshandelt und gefoltert von Tschombe und belgischen Politikern. Sein Leichnam wurde vergraben, anschliessend jedoch exhumiert, in Batteriesäure aufgelöst und verbrannt. Die dazu verwendete Säure wurde von einer belgischen Minengesellschaft bereitgestellt.
Das Land war daraufhin in Vier unterschiedliche Machtbereiche unterteilt:
Im Nordwesten regierte Kasavubu mit der Unterstützung der USA.
Im Osten erhielt Gizenga (Nachfolger von Lumumba) die Hilfe der Sowjetunion.
In Süden hielt sich Tschombe mithilfe des Bergbaukonzerns „Union Moniere du Haut-Katanga“ (heute Umicore), belgischer Soldaten und weisser Söldner an der Macht.
In Bakwanga regierte Kalonji, gestützt durch das belgische Diamanten-Unternehmen „Forminiére“.
Die UN beendete 1963 mit ihren Einsätzen die Sezessionsbewegung von Tschombe. Daraufhin nahmen die Regierungstruppen von Kasuvubu große Teile des Landes wieder unter ihre Kontrolle. Damit war die Kongo-Krise offiziell beendet. Nach einer kurzen Ruhezeit bahnte sich jedoch die Nächste an.
1964 begann im Osten des Landes der Samba-Aufstand, da sich die neugewählte Regierung unter Tschombé nicht auf die nationale Armee verlassen konnte, weil große Teile davon desertierten. Belgische, amerikanische Truppen und weiße Söldner bekämpften gleichzeitig die Rebellen.
Che Guevara beschrieb eine spezielle Eigenschaft der Rebellen in seinem Tagebuch. Darin zeigte er ein Ritual von Eingeborenen, welche die Soldaten mit einer Zaubermischung überschütteten und sie unverwundbar gegenüber feindlichen Kugeln machen sollten. Der psychologische Effekt dieses Aberglaubens führte dazu, dass viele Soldaten der nationalen Armee vor den Rebellen flüchteten, weil sie diese für unbesiegbar hielten. Aus diesem und anderen Gründen konnten die Rebellen große Teile im Osten des Landes erobern.
Geopolitische Interessen
Der Kongo ist ein Land mit einem reichen Vorkommen an Bodenschätzen. Es finden sich dort Baumwolle, Elfenbein, Palmöl, Kautschuk, Kupfer, Diamanten, Kobalt, Tantal, Uran.
Das Uran, welches für die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki verwendet wurde, kam aus der Shinkolobwe Mine in der Provinz Haut-Katanga, weshalb die USA ein strategisches Interesse hatten, ihren Einfluss zu verstärken.
Die Diamanten und andere Rohstoffe, wurden von belgischen Unternehmen gefördert, wodurch auch der Staat ein Interesse daran hatte, diese Kontrolle zu behalten.
Kobalt, Kupfer und Tantal wurden von den Großmächten USA und UdSSR und anderen als wichtige Quelle für Stahlverarbeitung, Superlegierungen, Verbrennungsmotoren, Gasturbinen, Kondensatoren, Automobilbau, als Kontrastmittel in der Medizin, Elektroinstallationen, Stromleitungen und Transformatoren eingesetzt.
Die von uns interviewte Person war im Jahr 1965 im Kongo und ergänzte unser Vorwissen noch um die damaligen Umstände während des Einsatzes.
Die Mission
Als nach der Revolution in Kuba Frieden herrschte, kam Interesse an der Verbreitung der revolutionären Prinzipien auch aus anderen Ländern. So kamen Abkommen mit anderen Organisationen zustande, um die Revolution auch in andere Teile der Welt zu tragen. Bald ging es in den Kongo.
D. N. Castillo erzählte auch von den guten Verhältnissen zu den Völkern und Ländern aus der Welt. Viele Bevölkerungen kannten die Probleme wie kulturelle Kämpfe, Analphabetismus und Unterdrückung. Sie gingen, um die Lage dieser Völker zu verbessern durch konkretes wie die Gründung von Schulen und die Etablierung revolutionärer Prinzipien und nicht zuletzt um beim Dirigieren der Bewegung zu helfen. Sie waren jedoch nicht als Macher der Revolution dort. Gewisse Züge der Entwicklung waren unzureichend. Zum Beispiel gab es einen schlechten Organisationsgrad innerhalb der Bevölkerung. Die Mission war damals völlig diskret, was hieß, dass niemand wissen durfte, dass sie dort im Einsatz waren. Versuche zu tätigen, um die Völker Kongos und Kubas gegen die von den USA gestützte Regierung zu vereinigen, war ebenfalls ein wichtiger Aspekt dieses Einsatzes.
Zur Lage vor Ort
Die Kubaner hatten selbst Medikamente dabei, die Kongolesen wendeten eine Mischung aus Naturheilmitteln und schamanischen Ritualen an. Die Versorgungslage war schwer, die Ausländer assen mitgebrachtes Dosenessen, einheimische Wurzeln und ähnliches. Als jedoch Konserven aufgebraucht wurden, waren sie gezwungen, auch Affenfleisch zu essen. Es war ein Überlebenskampf gegen den Hungertod. Sie hatten in den Kompanien wenige oder gar keine Ärzte zur medizinischen Versorgung. Die Desorganisation in der kongolesischen Gesellschaft und das Unwohlsein bei den Dirigenten der Truppen zeichneten weitere Probleme aus. Die circa 200 Kämpfer aus Kuba waren sowohl mit amerikanischen als auch mit sowjetischen Waffen für den bewaffneten Konflikt ausgerüstet. Die Unterkünfte der Kämpfer waren voneinander durch Lager getrennt.
Der Ausgang
Unser Interviewpartner wurde selbst in der Ankunftszeit krank, weil er in einen klaren Fluss sprang, der kontaminiert war. Im Feldlazarett wurde er von einem der wenigen Ärzte behandelt, dem Che. Nach 15 Tagen Fieber wurde er wieder gesund. Zu seiner Zeit im Kongo sagte er: “ Wir erfüllten die Befehle und trugen das Möglichste bei.“ Sie taten was sie konnten und mussten. Auch war er selbst zufrieden mit dem einen Jahr im Kongo.
Aktueller Ausblick
In den letzten 61 Jahren hat Kuba zahlreiche internationale Hilfestellung geleistet. Viele ÄrztInnen und ProfessorInnen wurden entsandt, um den verschiedensten Völkern dieser Erde aus der Prekarität zu helfen und ihnen den Weg zu einem würdevollen Leben zu ermöglichen. Wenn wir in Kuba vom Internationalismus sprachen, was auch unser Gespräch mit D.N. Castillo prägte, wird dieser nicht beschränkt, sondern vielmehr hervorgehoben, dass Kuba mit jeglichen Menschen dieser Welt in Freundschaft leben möchte. Auch wird betont, dass sie ebenfalls solidarisch mit der US-amerikanischen Bevölkerung stehen, sie jedoch das Vorgehen der US-amerikanischen Regierung ablehnen. Denn dies führt nicht nur zu einer einseitigen Unterdrückung sowie der Ausbeutung anderer Länder oder der unrechtmäßigen und einseitigen Sanktionierung, sondern auch gegenüber der eigenen Bevölkerung. Die KubanerInnen versuchen, nicht nur für ihr eigenes Leben in Würde zu kämpfen, sondern wünschen sich, dass jeder Mensch das gleiche Recht erhält. Der Zugang zu Bildung und Gesundheit ist dabei elementar. D.N. Castillo ging in den Kongo, um die Kongolesen zu unterstützen, dass sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten können, nicht aber, um ihnen dogmatisch eine Ideologie und ein System aufzuzwingen. Diesen Weg gehen die KubanerInnen nun seit der Revolution und bemühen sich stetig um Fortschritt und Gerechtigkeit.