Schon seit dem 22. Juli steht der Entwurf für die Verfassungsreform Kubas, das “Proyecto de Constitución de la República de Cuba”, durch die Nationalversammlung bestätigt bereit, durch das Volk debattiert zu werden. Zuvor war das Dokument seit 2013 durch eine damit beauftragte Kommission vorbereitet worden und eine erste Version verfasst worden. Die derzeit gültige kubanische Verfassung ist aus dem Jahr 1976 und trotzdem machen sich der kubanische Staat und das Volk die Mühe es anzugehen, um „la ley de las leyes“, „das Gesetz der Gesetze“ zu erneuern. Das allein verdient Anerkennung, wenn man bedenkt, dass viele Verfassungen der als modern angesehenen Länder älter sind: Wie zum Beispiel im Fall Deutschlands mit einem Grundgesetz aus dem Jahr 1949 in dem es eine ganz andere (welt-) gesellschaftliche Situation sowie Verhältnisse in unserem eigenen Land gab.
Das kubanische Volk macht souverän eine Erneuerung seiner Verfassung, um der Legislative eine Grundlage zu geben, die sich der aktuellen gesellschaftlichen Situation anpasst.
Ich persönlich denke man kann die neuen ökonomischen Grundlagen, die Schritt für Schritt seit 2011 in Kraft getreten sind, als Hauptgrund nennen, weshalb die bestehenden Gesetze und Regelungen – die großen Einfluss auf den Alltag der Kubaner haben – auf eine neue rechtliche Basis gestellt werden. So gibt es mittlerweile einen florierenden Privatsektor in dem (ca. 30% der KubanerInnen) auf eigene Rechnung oder in Kooperativen arbeiten. Neben dem sozialistischen Volkseigentum an den Produktionsmitteln wird Kooperativen, Joint-Ventures, dem Eigentum der Massenorganisationen auch Privatpersonen der Besitz und die Nutzung bestimmter kleiner Produktionsmittel zugestanden. In den letzten Jahren hat besonders die Entwicklung der sozialen Ungleichheit auf Grund unterschiedlicher Einkommen zugenommen. – Diese und andere Verwerfungen werden derzeit vom kubanischen Volk debattiert. Seien es die Frauenorganisation, Kollektive von Angestellten der Tourismusindustrie, Bauernverbände oder auch die Streitkräfte: Alle debattieren sie in Sitzungen grundlegende ihr Leben betreffende Fragen, worüber in den Medien auf der Insel viel berichtet wird.
Der Punkt, dass eine Heirat laut Verfassungsentwurf nun nicht mehr explizit zwischen Mann und Frau vollzogen wird, wird viel diskutiert und manche Kirchen im Land machen Werbung gegen diese Neuerung. Man sollte die neue Verfassung jedoch keinesfalls auf dieses Thema beschränkt diskutieren.
Der Verfassungsentwurf wurde von Experten aus verschiedensten Bereichen vorbereitet und hat sich von den Prozessen in Ländern wie Venezuela, Bolivien, Ecuador inspirieren lassen. Sogar Erfahrungen aus Ländern wie der Schweiz (bzgl. kommunaler Verwaltung) wurden dafür studiert.
Die Modernität der Verfassung spiegelt sich auch in Artikeln wie dem zum Erhalt und Schutz der Umwelt wieder, der außerdem eine gerechte internationale Ordnung diesbezüglich fordert um dem Klimawandel zu begegnen. Er fordert die Abschaffung der irrationalen Weise der Produktion und des Konsums.
Wir werden in der kommenden Monaten der Debatten noch Genaueres zu verschiedenen Aspekten berichten. Vorab kann man allen Meldungen (bspw. Tagesschau) bei uns, die den Sozialismus in Kuba in Frage stellen schon einmal entgegnen, dass der Sozialismus sowie die führende Rolle der marxistisch-leninistischen, martianischen Partei Kubas (PCC) und der kommunistischen Jugendorganisation (UJC) irreversibel auch in der neuen Verfassung festgeschrieben sind.
Dieser Artikel ist von Karl, hier geht es zu weiteren Artikeln von ihm.
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