Acht Tage bevor Trump sein Amt aufnahmen, kamen die 2014 gestarteten Verhandlungen über die Einreiseregelung kubanischer Emigrierender in die USA zum Abschluss. Die Ergebnisse dieser Verhandlung werden in einigen Medien so dargestellt, als würde sich dadurch die bilaterale Beziehung zwischen Kuba und den USA erneuern und zum Positiven wandeln. Hervorgehoben wurde in einigen Medien auch die jährliche Bewilligung von 20 000 Einreisevisa für Kubaner*innen auf Seiten der USA und lässt es so erscheinen, als wäre diese Veränderung ein Schritt der Annährungen in Richtung Kuba. Es reicht hier aber nicht aus, an der Oberfläche des Geschehens zu kratzen, um die Tendenzen dieser Beziehung zu erkennen.
Die Migrationsverhandlungen des 20. Jahrhunderts
einschätzen zu können, wie die Änderungen des Migrationsgesetzes der USA von 2017 in Hinblick auf Kuba ins Gewicht fällt, ist es notwendig den Charakter der bisherigen Migrationsbestimmungen zwischen Kuba und den USA erläutern. Bis in die 50er Jahre war die Einreise von Menschen aus Zentralamerika in die USA visumfrei. Mit dem Ausrufen der Revolution 1959, der Verstaatlichung US-amerikanischen Großgrundbesitzes und des Kalten Kriegs, der sich in der Oktoberkrise 1962 zuspitzte, kühlte sich die kubanisch-US-amerikanische Beziehung innerhalb von einem Jahrzehnt rasant ab. 1962 wurden schließlich die regulären Flug- und Fährverbindungen eingestellt. Die USA von Kuba aus zu erreichen, wurde zu einem teuren und gefährlichen Unterfangen über Drittländer oder die Straße von Florida.
Durch die Spaltung von Familien und Freund*innen vergrößerte sich im September 1965 der innere und äußere Druck, den direkten und legalen Weg in die USA zu öffnen so sehr, dass über den Hafen in Camarioca innerhalb von zwei Monaten 5 000 Menschen in die USA ausreisen durften, um ihre Familien zu besuchen. Im selben Jahr wurde das Programm: „Memorandum of Understanding“ gestartet, welches aufgrund der eingefrorenen diplomatischen Beziehungen über die Schweizer Botschaft abgewickelt wurde. Inhalt dieses Programms waren die „Freedom Flights“, wobei bis 1973 täglich zwei Flugzeuge insgesamt 340 000 Kubaner*innen nach Miami brachten.
Um ein Abwandern der qualifizierten Bevölkerung zu verhindern, wurden diese Flüge durch Kuba und ohne großen Widerspruch der USA gestoppt. Die USA konnte so Kosten sparen und die inländischen Unruhen, wegen der Bevorzugung kubanischen Emigrierenden, besänftigen (Link einfügen). Im selben Atemzug trat 1966 auch das „Cuban Adjustment Act“ (CAA) in Kraft, welches die Vergabe des dauerhaften Bleiberechts für Kubaner*innen nach einem Jahr Aufenthalt regelt (Link zum Artikel über die „garantierte Aufenthaltsgenehmigung bei illegaler Einreise..“)
Das Drängen der kubanischen Bevölkerung in die USA ausreisen zu können, wurde 1980 so groß, dass bei Protesten tausende Menschen ausländische Botschaften besetzten und so schließlich am 21. April der Hafen von Mariel geöffnet wurde. In den folgenden fünf Monaten flohen 125 000 Menschen per Boot nach Miami. In der Stadt kam es zu Unterbringungs- und Versorgungsproblemen und die Menschen wurden teilweise in einem Zeltlager untergebracht. Viele andere wurden in Psychiatrien und Gefängnisse gesteckt, da sie als kriminell und psychisch erkrankt eingestuft wurden. Die Regierungen der beiden Staaten begannen mit Verhandlungen und der Hafen wurde noch im September dieses Jahres geschlossen.
1984 führten zu dem Ergebnis, indem sich die USA dazu verpflichtet, jährlich eine bestimmte Anzahl von Einreisevisa zu bewilligen und im Gegenzug die als kriminell eingestuften oder psychisch krank diagnostizierten Kubaner*innen nach Kuba wieder abschieben zu dürfen. Dieses Abkommen hielt nur zwei Jahre. Denn mit der Einführung des antikubanischen und vom US-Staat unterstützten Radiosenders „Martí“, dessen Funkwellen bis nach Kuba reichten, erklärte die kubanische Regierung das Abkommen als gekündigt. Ein Jahr später wurde in der USA ein Gesetzt verabschiedet, in dem genau festgehalten wurde, dass die USA jährlich 20 000 Einreisevisa für Kubaner*innen mit dem Fokus auf politische Gefangene, politische Verfolgte und Familienangehörige vergibt. Nach wie vor bestehen Zweifel darüber, ob die USA jemals die versprochenen Visa wirklich vergeben hatte. Die Zahlen der Statistiken widersprechen sich hier. Die „American Immigration Law Foundation“ hielt fest, dass zwischen 1990 und 1994 nur 3 982 von den 80 000 versprochenen Visavergaben erteilt wurden und im Vergleich dazu die Anzahl der vergebenen Aufenthaltsgenehmigung der USA an Bootsflüchtlinge aus Kuba bis zu 13 275 stieg. Der US-amerikanische Staat äußerte sich dazu widersprüchlich und bestätigte auf Grundlage des „Bureau of International Information Programs, U.S. Department of State“, dass die die Visavergabe von Seiten der USA eingehalten wurden wäre, wenn Kuba die Vergabe der Visa durch die Ausreisebestimmungen nicht verhindert hätte.
Im August 1994 verkündete Fidel Castro, dass es ein jeder Einzelnen selbst entscheiden müsse, die risikoreiche Flucht per Floß in die USA in Kauf zu nehmen. In Folge dessen wurden 37 000 Menschen von dem US Küstenrettungungsdienst aus dem Wasser geholt und durch eine unter Bill Clinton gefasste Bestimmung nach Guantánamo (der US-Marinebaisis auf Kuba) vorläufig in ein Flüchtlingslager untergebracht, um dort durch strengere Kontrollen eventuel die Möglichkeit auf Asyl zubekommen.
Die Aufnahme weiterer Verhandlungen führte zum Rückgang der Bootsfluchten. Im Mai 1995 kam es zum Abschluss der Verhandlungen und zur Einführung des „Wet-foot-dry-foot“ Prinzip. Wurden nun Menschen auf der Fucht von der US-Küstenwache eingesammelt, wurden diese zurück nach Kuba abgeschoben. Ebenfalls verpflichtete sich die USA erneut jährlich 20 000 Einreisevisa zu vergeben. Kuba hingegen schütze ihre Grenze mehr und verzichtet auf Repressionen abgeschobener Geflüchteter. Bis zum Jahr 2013 erlaubte die kubanische Regierung die Ausreise nur mittels einer Ausreisegenehmigung. Wurde die Ausreise ohne Genehmigung angetreten, verloren diese Menschen unmittelbar ihre kubanische Staatsbürgerschaft. Seit 2013 wurden die Bedingung einer Ausreisegenehmigung abgeschafft, wobei es aufgrund der „Cuban Medical Professional Parole“ jedoch seit 2015 Einschränkungen für Ärzt(e)*innen gab. In diesem Jahr wurde die Botschaft der USA in Havanna am 20. Juli 2015 offiziell wiedereröffnet. Wobei die USA schon 2014 die seit der Bush-Ära am Gebäude installierte Leuchtschrift mit regierungsfeindlichen Botschaften abgestellt hatte.
Die Änderung 2017
Erneut spricht sich die USA für die Bewilligung von 20 000 Visa jährlich für die kubanische Bevölkerung aus. Die Aufhebung der „Wet-foot-dry-foot“ Regelung bedeutet nun, dass der Landweg genauso zu einer illegalen Alternative wird, wie schon der Seeweg 1995. Die fliehenden Menschen sind dem ersten Jahr in den USA ohne rechtlichen Schutz ausgesetzt.Weiter wirkt das CAA und nach der illegalen Einreise und einem Jahr in der Illegalisierung kann das dauerhafte Aufenthaltsrecht erlangt werden.
Kuba verpflichtet sich in einem anderen Punkt des Abkommens zur Wiederaufnahme von 2.749 Personen, die 1980 über den Hafen von Mariel in die USA ausreisten. Was die Abschiebung nach 36 Jahren bedeutet, das Herausreißen aus einem Leben mit aufgebauten Beziehungen, ist kaum vorstellbar.
Die Quittierung des Programms der „Cuban Medical Professional Parole“ (war seit 2006 existent, darüber schreibt Karl) wird als ein Schritt in Richtung einer neutralen, nicht aber symmetrisch bilateralen Beziehung zwischen Kuba und den USA gesehen, wie auch die kubanische Diplomatin Josefina Vidal betonte. Weiter werde diese für die Abschaffung des CAA kämpfen, um die „Normalisierung“ zu erreichen (14.01.17, junge Welt).
Die neuen Regelungen vom Januar 2017 beinhalten also nichts Weiteres als einen Schritt der USA die kubanische Einreisende genauso menschenunwürdig wie Menschen anderer Länder aus Lateinamerika zu begrüßen. Die bis 1980 vollzogene Bevorzugung von kubanischen Immigrierende in die USA beruhte auf Basis des ideologischen Kampfes und diente zur Untermauerung der antikommunistischen Position in den USA. Die jetzige Migrationspolitik bewegt sich in Richtung Gleichbehandlung Kubas wie die anderen kapitalistisch ausgerichteten, lateinamerikanischen Länder und wird leicht damit verwechselt, einen Schritt in Richtung ausgeglichener und symmetrischer Auslandsbeziehung zwischen Kuba und den USA darzustellen.
Die Antimigrationspolitik der USA gegenüber den lateinamerikanischen Ländern ist zurzeit äußerst aggressiv. Hierbei reicht es an dieser Stelle aus, Trumps aktuelle Mauerpläne an der Grenze zu Mexico zu erwähnen. Weder durch geschlossene Grenzen, noch durch Mauern lassen sich Fluchtgründe bekämpfen. Alle Menschen sollten das Recht auf ein selbstgewähltes Zuhause haben und sich auf ihrem Weg dahin sicher und geschützt bewegen können, gänzlich unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit.
Dieser Artikel ist von Anuk. Hier geht es zu weiteren Artikeln von ihr.