Sport ist auf Cuba weit verbreitet und schafft Zusammenhalt in der Bevölkerung
Für die cubanische Bevölkerung hat der Sport einen besonders hohen Stellenwert und ist heute zu etwas alltäglichem geworden. Auf jedem grünen Fleck sieht man Jugendliche Baseball, auf den Plätzen Basketball und auf den Straßen Fußball spielen. Wenn es keinen Platz gibt, wird improvisiert. In den Parks treffen sich ältere Frauen zu Thai Chi, vor vielen Häusern spielen Männer Schach und überall in der Stadt sind kleine Zirkel aus Kraftgeräten aufgebaut. In den Universitäten gibt es diverse Sportspiele und cubanische Leistungssportler sind international sehr erfolgreich. Große internationale Sportereignisse werden von der sportinteressierten Bevölkerung gespannt vor dem Fernseher verfolgt – es wird mit gefiebert, mit gejubelt und mit getrauert. Allerdings sah es vor der Revolution mit dem Sport auf Cuba noch anders aus.
Entwicklung des Sports
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Sport als Pflichtfach in sowohl städtischen, als auch ländlichen Schulen eingeführt. Jedoch brachte die Umsetzung dessen einige Probleme mit sich. Es mangelte an ausgebildeten SportlehrerInnen, da das Nationale Sportinstitut, an welchem die ersten LehrerInnen ausgebildet wurden, kurz nach seiner Gründung im Jahre 1928 schloss und erst 16 Jahre später wieder öffnete. Was die Entwicklung des Sportunterrichts ebenfalls verlangsamte war, dass Gelder, die Studenten bezahlten, veruntreut wurden, statt in Sportgeräte oder – Kleidung investiert wurden und die Räumlichkeiten vieler Schulen keine Möglichkeit boten, den Unterricht auszuüben. Da der Schwerpunkt nicht auf dem Breiten-, sondern auf dem Profisport lag, gab es einige Defizite an dem System, dass keine landesweite Kontrolle und Förderung auf allen Schulniveaus garantieren konnte.
Nach der Revolution gab es in Cuba nur noch ca. 800 Sportlehrer, eine Zahl, die sich im Laufe der folgenden Zeit noch weiter reduzieren sollte. Deshalb wurden von der neuen Regierung einige Maßnahmen ergriffen, um die der Emigration geschuldete Situation zu verbessern. Um dem entgegen zu wirken, kam es unter anderem zur Gründung des Instituto Nacional de Deportes Educación Física y Recreación (INDER – Nationales Institut für Körperkultur, Sport und Erholung), welches Cuba betreffend, sowie international als Hauptorgan zur Planung, Leitung und Ausführung von Sportereignissen dient. „Sport ist ein Recht des Volkes“ – dieser Leitspruch war ebenfalls Teil der Erneuerungen unter der neuen Regierung. Mit der Gründung der Escuela Superior de Educación Física (ESEF – Hochschule für Körperkultur), sollte ein Augenmerk auf die Ausbildung des Breitensports, sowie die Überwindung der ausschließlichen Förderung des reinen Profisports gelegt werden.
Flucht ins Ausland?
Heut zu Tage kann der cubanische Sport auf der ganzen Welt, sowie innerhalb der Insel große Erfolge verzeichnen. Die Zahl der TrainerInnen und SportlehrerInnen ist gestiegen und inzwischen gibt es unzählige Sporteinrichtungen. Außerdem kann Cuba bei internationalen Sportereignissen große Erfolge verzeichnen, wie zum Beispiel mit dem vor kurzer Zeit errungenen Sieg der Spiele Zentralamerikas und der Karibik in Vera Cruz, Mexiko. So konnten wir letzte Woche unseren Gruppenabend nur schwer abhalten, da überall Jubelrufe und Schreie zu hören waren, sodass man sich kaum unterhalten konnte. Der Sieg Cubas blieb durch die lauten Bekundungen bestimmt kaum einem verschwiegen. Seit 1959 hat Cuba über 140 olympische Medaillen und über 2000 der drei verschiedenen Metalle bei den Pan- und Zentralamerikanischen Spielen gewonnen. Gerade in Disziplinen wie Boxen, Baseball und Volleyball hat Cuba eine weltweit führende Stellung. Auch in der Leichtathletik, im Fechten, im Judo, im Griechischen und Freien Ringkampf, im Schach, im Schwimmen, im Radrennen und im Gewichtheben gibt es anerkannte cubanische Namen, die auf spitzen Niveaus ihre Titel verteidigen. Baseball zählt heute sogar als Nationalsportart, da die cubanische Baseballmannschaft eine der besten der Welt und Rekordbaseballweltmeister ist. So kommt es natürlich dazu, dass Länder, wie beispielsweise die USA, auf cubanische Nachwuchstalente aufmerksam werden und versuchen sie durch hohe Prämien abzuwerben. Nicht selten funktioniert dies auch, da Cuba nicht in der Lage ist, solch enorm hohe Summen zu bezahlen. (LINK LOTTA FACHKRÄFTE)
Der Umgang mit Profisportlern hat sich auf Cuba in den letzten Jahren jedoch geändert. Sportler trainierten früher neben ihrer normalen Arbeit und wenn sie irgendwann so gut waren, dass sie auf Profiniveau agierten, bekamen sie weiterhin den Gehalt ihrer alten Arbeit, ohne jedoch diese weiter betreiben zu müssen um ihr Trainingspensum erhöhen zu können. Ein Extrageld für ihre sportliche Laufbahn gab es allerdings nicht. Heute hat sich das dahingehend verändert, dass sie ein Sportlergehalt bekommen und nicht den Lohn für ihre vorher verrichtete Arbeit, als beispielsweise Lehrer. Die Gehälter der Profisportler variieren, das bedeutet, dass jemand der eine Goldmedaille erkämpft hat, innerhalb der Gesellschaft zu den absolut reichsten gehört. Somit fördert der Staat die Einkommensunterschiede, doch er ist natürlich daran interessiert, seine Sportler nicht an Gegner oder andere Länder zu verlieren. Je größer der Erfolg, desto höher das Gehalt, aber desto größer ist auch die Gefahr, dass die Sportler abgeworben werden. Trotzdem erlaubt die Regierung seinen Sportlern, sowie Trainern seit ca. zwei Jahren, im Ausland lukrative Profiverträge zu unterzeichnen. Die einzige Einschränkung besteht darin, dass die Spitzenathleten immer zu internationalen Turnieren nach Cuba zurückkehren oder für die Nationalmannschaft zur Verfügung stehen müssen. Außerdem müssen sie Steuern auf der Insel zahlen, dürfen jedoch bis zu 80% ihrer Preisgelder behalten.. Viele cubanische Sportler wünschen sich dies natürlich, doch durch die Blockade (LINK TOBIS ARTIKEL) der USA gestaltet sich dies als äußerst schwierig, denn nicht nur die cubanische Regierung stellt Bedingungen gegenüber den Spitzensportlern. Wenn sie nämlich einen Vertrag unterzeichnen, dürfen sie sich nicht mehr wohnhaft in Cuba aufhalten, denn sonst würden sie ja Teile ihres hohen Gehaltes in Form von Steuern dem cubanischen Staat zu Gute kommen lassen. Und das wollen die zahlenden Organisationen vermeiden. So kommt es zu illegalen Emigrationen in die Nachbarländer, oder dazu, dass Sportler nach internationalen Sportereignissen einfach nicht auf die Insel zurückkehren. Dies ist jedoch nicht der einzige Stein, den die Blockade der USA, Cubas Sportlern in den Weg legt. Denn wenn die Vereinigten Staaten Teil der austragenden Organisation eines Sportevents ist, wird Cuba entweder ausgeschlossen oder kann keinen Gewinn in Form von Preisgeldern erhalten, denn dann würden die USA Cuba ja finanziell unterstützen. Die cubanische Regierung steht jedoch weiterhin zu ihrer Gesetzänderung zu Gunsten der Sportler und erhofft sich eine Öffnung der Blockade seitens der Vereinigten Staaten von Amerika.
Wettkämpfe im Zeichen der Freundschaft
Auch an unsere Universität, dem Instituto Superior Politecnico José Antonio Echeverria (CUJAE – polytechnisch naturwissenschaftlichen Universität) wird dem Sport eine bedeutsame Rolle zugesprochen. Der Campus ist voll von Sportplätzen, es gibt ein Schwimmbad und eine kleine Turnhalle. Jedes Semester finden auf dem Campus Sportspiele zwischen den einzelnen Fakultäten statt. Dabei gibt es alle möglichen Sportarten wie z.B. Tischtennis-, Basketball-, Badminton-, Fußball-, Baseball-, Judo-, Schwimm-, Schach-, Domino-, Taekwondo-, und viele weitere Wettkämpfe. Männer und Frauen können ausschließlich in getrennten Teams an den Spielen teilnehmen, die wie folgt aufgebaut sind: Zunächst gibt es Wettkämpfe zwischen allen beispielsweise Basketballmannschaften innerhalb der einzelnen Fakultäten, dann spielen die Sieger der Fakultäten gegen einander, sodass man am Ende einen Schulchampion hat. Das beste Schulteam spielt dann wiederum gegen die besten Teams anderer Universitäten. Gewinnen kann man dabei zwar keinen materiellen Preis, aber dafür besondere Werte, wie Freundschaften, Zusammenhalt und Vertrauen. Diese Spiele sind von einer sehr großen Bedeutung für die StudentInnen; Schulchampion zu sein, ist eine sehr große Ehre. Manchmal trainieren sie bis Nachts auf den mit Licht gefluteten Basketballplätzen oder können sich in der Sportlermensa mit einer doppelten Portion stärken. „Klar trainiere ich viel, wir müssen doch die Architekturfakultät schlagen!“. Ein Freund erzählt mir begeistert, wie die Fakultäten sich anfangs untereinander „bekämpfen“ und gegeneinander spielen, aber dass sie dann alle gemeinsam hinter dem Schulchampion stehen, wenn er gegen andere Universitäten antritt und ihn unterstützen.
Der Sport wird also genutzt, um Einigkeit herzustellen, Ansporn zu bieten und eine Identifikation zu ermöglichen. Und das nicht nur mit der eigenen Fakultät oder der CUJAE oder Havanna, sondern auch mit Cuba.
Hier geht es zu weiteren Artikeln von Sophie.