Ende Mai durften einige von uns eine ganz besondere Erfahrung machen. Einen Ausflug zu den höchsten Erhebungen der Provinzen Matanzas und Mayabeque: Der Palenque und der Pan de Matanzas. Geplant und ausgeführt wurde der Ausflug vom Movimiento Cubano de Excursionismo, eine nichtstaatliche Organisation, die Ausflüge und Wanderungen in die Natur, Kubas wertvollste Ressource, veranstaltet.
Der US-amerikanische Schulbus, der uns nach Matanzas bringt, ist rappelvoll. Einige müssen sich auf den Schoß der anderen setzen, andere in den Gang. Die Gruppe besteht überwiegend aus Studierenden und Professoren der CUJAE, aber auch Studierende anderer Universitäten und Nichtakademiker kommen mit. Und auch quasi jede Altersgruppe: Vom Vorschüler bis zum Rentner.
Nach anderthalb Stunden Busfahrt, beginnen wir auf einer Landstraße irgendwo im Nirgendwo unsere Wanderung, es dämmert bereits. Sandelis weist den Weg durch die Dunkelheit. Der Maschinenbauingenieur und Parteikader ist trotz Hüftproblemen, die es ihm nicht erlauben, ohne Krücke zu laufen, Vorsitzender der Excursionistas an der CUJAE.
Nach einer Stunde Marsch kommen wir an einer Guao-Pflanze vorbei. Diese Pflanze löst bei Berührung Hautirritationen aus; wenn man mit ihrem Saft in Kontakt kommt, kann man sogar Verbrennungen erleiden, die Narben hinterlassen.
Am Boden ist alles voll mit riesigen Tausendfüßlern. Der Dschungel bei Nacht gibt einem das Gefühl, auf dem Set eines schlechten Horrorfilms zu sein. Allerdings gibt es auf Kuba kein Tier, das für den Menschen wirklich gefährlich ist. Nach zwei Stunden kommen wir erschöpft an der Lichtung an, auf der wir die Zelte aufschlagen. Wir setzen uns zusammen und verzehren das mitgebrachte Abendessen. Eine Thermoskanne mit Rum macht die Runde.
Nach einer Nacht mit wenig Schlaf gibt es bei Sonnenaufgang Frühstück. Sandelis ruft “¡Tiroteo!” („Schusswechsel“), das Signal, dass das Essen fertig ist: Cracker mit Guavengelee und Refresco. Nach der Stärkung beginnt der Aufstieg auf den Palenque. Der Weg dauert nur eine halbe Stunde. Der Ausblick: es gibt keinen Es ist nur dichter grüner Wald zu sehen. Auf dem Weg bergab finden drei Biologiestudenten eine Santa-María-Schlange, die wir alle einmal kurz in der Hand halten.
Auf dem etwa zehn Kilometer langen Weg zum nächsten Zeltplatz kommen wir an den einfachen Höfen der Mayabequischen Guajiros vorbei. Diese hilfsbereiten Bauern bieten uns an, unsere Rucksäcke auf ihrem selbstgebauten Trike ein Stück zu transportieren.
Ständiger Begleiter der Guerilla, wie Sandelis unsere Gruppe nennt, ist der kubanische Nationalvogel, der Tocororo. Die malerische Landschaft wird auch von dem bunten Cartacuba, von Kolibris und von dem sich beim Singen nicht wiederholenden Sinsonte geschmückt.
Am Stausee angekommen, der zwischen dem Palenque und dem Pan de Matanzas liegt, fällt Sandelis auf, dass wir falsch gelaufen sind. Sandelis schmeißt seine Krücke hin und klettert erstaunlich flink auf einen Baum, um sich ein Bild von der Umgebung zu machen. Der Weg ist schnell gefunden. Auf der Lichtung angekommen, springen wir für eine Abkühlung in den See.
Am nächsten Morgen sind die Bunkistas und eine Gruppe von Excursionistas noch auf dem Zeltplatz, während die Nachhut schon vorgelaufen ist. Wir versuchen, durch lautes Rufen den Anschluss an die Hauptgruppe zu finden, es scheint aber so, als wäre der Rest der Guerrilla schon zu weit weg. Nach einer Stunde Suchen, werden wir von der Nachhut gefunden und schließen uns dem Rest wieder an. Mit ein wenig Verspätung kann jetzt der Aufstieg auf den Pan de Matanzas beginnen.
Als wir weiter in den Wald vordringen, wird der Zug immer langsamer, da der Wanderpfad erst mit Macheten geschaffen werden muss. Nach einiger Zeit kommen wir komplett zum Stehen; wir haben uns wieder verlaufen. Die Pause tut jedoch ganz gut. Es ist schwül. Wir setzen uns auf den Rasen am Rand einer Lichtung und es wäre fast angenehm, wenn da nicht die heimtückischen Santanilla-Ameisen wären, deren Biss einen stechenden Juckreiz auslöst.
Nur wenige Zeit später kommen wir am Gipfel an, anders als der Gipfel des Vortags, bietet dieser uns einen unglaublichen Ausblick. Von hier aus sieht man den Atlantik und die Stadt Matanzas, die in einer Bucht in zwölf Kilometern Entfernung liegt. Euphorisch werden Bilder mit Kuba-, CUJAE- und Excursionistasflaggen gemacht. Nach einer Stärkung, die aus Erdnussriegeln und Dosenfisch mit Brot besteht, geht’s wieder bergab.
Dieses Mal benutzen wir die steile Betonstraße, die direkt zum Gipfel führt. Von hier aus kann man ein wichtiges Wahrzeichen der Provinz Mayabeque, die Bacunayagua-Brücke, erkennen.
Wir kommen in einem kleinen Ort am Fuß des Berges an. Gerade ist Dorffest, es gibt Bier und Brötchen mit Fleisch. Auf dem Dorfplatz vor der Kirche sitzt ein alter Mann und spielt Tres-Gitarre. Oldies singend fahren wir wieder zurück nach Havanna.
Dieser Artikel ist von Oskar, hier geht es zu mehr Artikeln von ihm.