Am Montag, den 27. November 2017, habe ich mit dem Uni-Kurs „Problemas sociales de la ciencia y tecnología“ einen Ausflug zur Empresa de Labiofam gemacht. Da ich nicht genau wusste, wo ich hin muss und wie ich dort hin komme, hat sich die ohnehin schon lange Anfahrt etwas komplizierter gestaltet als nötig und ich kam eine halbe Stunde zu spät am Tor des Unternehmens an. Dort wurde ich aber freundlich in Empfang genommen und die Angestellten wussten bereits, dass ich zu der CUJAE-Gruppe gehöre. Ein Mann, der zur gleichen Zeit ankam, zeigte mir den Weg ins Teatro, wo alle bereits warteten. Ich dachte, der Mann würde mich nur zufällig ins Teatro begleiten, damit ich mich nicht verlaufe, aber es stellte sich heraus, dass er bei unserem Treffen mit anwesend sein würde und er einer der Forscher ist, die mit Skorpiongift arbeiten, um unter anderem Entzündungen und Krebszellen im menschlichen Körper zu bekämpfen. Auf dem Weg zu den anderen wusste ich aber noch nicht einmal so genau, was Labiofam denn eigentlich ist oder macht. Das hat uns unsere Professorin Silvia bestimmt im Vorfeld schon gesagt, diese Information ist wohl aber mangels ausreichender Spanischkenntnisse an mir vorbeigegangen.
Als ich im Teatro ankam, war zum Glück niemand böse über die Verspätung und es gab für alle ein leckeres Glas Joghurt und Wasser, sozusagen ein „gemeinsames Frühstück“ für alle: die anwesenden Ingenieur*innen, die Direktorin der Abteilung für Forschung und Entwicklung und uns. Als wir wieder unsere Plätze eingenommen hatten, wurden wir durch die Direktorin, Isbel González Marrero, noch einmal offiziell begrüßt und wir haben eine Art Image-Film über Labiofam gesehen, in dem alle Tätigkeitsbereiche der Firma vorgestellt wurden. Dazu gehören unter anderem Medikamente und Impfungen für Tiere, Medikamente für Menschen, Biodünger für die Landwirtschaft, Lebensmittel wie den soeben verköstigten Joghurt, industrielle Reinigungsmittel aber auch Hygieneprodukte wie Shampoo und Duschgel.
Was genau macht also Labiofam?
Im weiteren Verlauf des Vortrags der Direktorin wurden die zu Beginn kurz vorgestellten Tätigkeitsbereiche des Unternehmens noch näher erläutert. Unter anderem werden viele verschiedene Impfungen für Tiere entwickelt. Die Newcastle-Impfung beispielsweise wurde so erfolgreich eingesetzt, dass seit 40 Jahren von der Krankheit in Kuba keine weiteren Fälle mehr verzeichnet wurden. Der bereits erwähnte Joghurt beinhaltet Bakterien, lebende Organismen, die die enthaltene Laktose in Milchsäure umwandeln, sodass der Joghurt als Antiseptikum des Verdauungstraktes wirkt und dem Körper die Aufnahme des in der Milch enthaltenen Kalziums und Phosphors erleichtert.
Er wird für den Verkauf in Supermärkten, für Hotels und für Krankenhäuser produziert. Die Milch für den Joghurt wird aus Neuseeland importiert, um die spezielle Zusammensetzung der Inhaltsstoffe zu garantieren, wodurch er jedoch sehr teuer ist. Dadurch wird er nur in Geschäften verkauft, die den Joghurt speziell anfragen. Es gibt allerdings ein spezielles Programm, durch welches der Joghurt kostenlos an Krankenhäuser verteilt wird.
Im Bereich der chemischen Produktion werden industrielle Reinigungsmittel wie auch für den privaten Hausgebrauch hergestellt, sowie Shampoo, Duschgel, Parfum und andere Hygieneprodukte.
Ein weiterer Bereich sind biologische Schädlingsbekämpfungsmittel für die öffentliche Gesundheit. Als Beispiel wurde uns das Mittel Biorat vorgestellt, welches Mäuse als potentielle Krankheitsüberträger vertreibt. Es wirkt innerhalb von 96 Stunden, ist unschädlich für Mensch, Tier und Umwelt, sowie geruchs- und geschmacksneutral. Damit ist es auch für den Hausgebrauch geeignet.
Wie weiter oben bereits kurz erwähnt wird im Tätigkeitsfeld der Humanmedizin von Labiofam ein Medikament aus Skorpiongift hergestellt, Vidatox 30 CH. Dies ist ein homöopathisches Mittel, welches zur komplementären Therapie in der Krebszellbekämpfung eingesetzt wird. Auf Nachfragen zu diesem Medikament von einer Studentin ist der Forscher, der mich am Morgen ins Teatro begleitete, kurz verschwunden und kam mit einem Päckchen voller Flaschen des Mittels zurück. Die Tante einer uns begleitenden Studentin leidet seit Jahren an Krebs, woraufhin die Studentin gleich drei Flaschen geschenkt bekam, sowie wir anderen auch jeweils eine. Auf dem internationalen Markt wird dieses Mittel für 110 CUC verkauft.
Das Unternehmen Labiofam
Labiofam besteht in Kuba aus 13 Unternehmen, elf davon sind produzierende und zwei exportierende Firmen für den internationalen Markt. Außerdem gibt es Vertretungen in Asien, wie z.B. Vietnam und China, sowie in Bolivien und Ecuador. Ein Hauptaugenmerk des Betriebes liegt auf dem Wissenstransfer ins Ausland. Dafür werden Experten in das jeweilige Land entsendet, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen und eine spezielle Strategie zur Lösung des vorliegenden Falles zu entwickeln.
Im Bereich Forschung und Entwicklung gibt es derzeit 83 Forschungsprojekte in den Bereichen Pharmazie, Biologie, landwirtschaftliche Bioprodukte, biologische Ungezieferbekämpfung, natürliche Produkte, Kosmetika und Biotechnologie.
Das Unternehmen beschäftigt 6199 Mitarbeiter und ist eine empresa estatal socialista, also ein staatlich-sozialistisches Unternehmen, das mit öffentlichen Ministerien zusammenarbeitet. Es gibt aber Teilbereiche des Unternehmens, die durch die Einnahmen selbstfinanziert werden und somit im eigenen, sozialistischen Interesse arbeiten. Alle Produkte müssen technologisch-ökonomisch ausgewogen zu vertreiben sein, damit sie auf dem internationalen Markt bestehen können. Wenn sich also die Vertriebsbedingungen im Ausland ändern, muss das Produkt im Vorfeld schon dementsprechend angepasst worden sein, um konstant auf dem Markt sein zu können.
Im Anschluss an die Präsentation haben die verschiedenen Ingenieur*innen sich selbst und ihre jeweiligen Tätigkeitsfelder noch einmal vorgestellt und dann sehr geduldig alle unsere Fragen, die noch nicht während des Vortrags geklärt wurden, ausführlich und gezielt beantwortet. Wir haben erfahren, dass in den einzelnen Forschungsprojekten immer im interdisziplinären Team zusammengearbeitet wird. Spezialisten verschiedener Fachrichtungen betrachten ein Problem oder eine Forschungsfrage aus verschiedenen Perspektiven, um gemeinsam eine möglichst umfassende Strategie entwickeln zu können. In diesem Unternehmen glaubt man an die jungen Absolvent*innen der Universitäten, die immer auch neues Wissen mit einbringen und gern in die bestehenden Teams integriert werden.
Dieser Artikel ist von Jule. Hier geht es zu weiteren Artikeln von ihr.
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