Ein kurzer geschichtlicher Ausflug
Am 19.11.1937 erblickte Haydée Tamara Bunke Bider in Buenos Aires, Argentinien, das Licht der Welt, nachdem ihre Eltern nach Argentinien geflüchtet waren. In Kuba ist sie vor allem bekannt als „Tania – la Guerrillera“.
Aufgewachsen in Argentinien und der DDR (ab 1952), lebte sie als Jugendliche mit ihren kommunistischen Eltern in der DDR und engagierte sich schon früh politisch. Dort nahm Tamara regelmäßig am Schießtraining teil (Gesellschaft für Sport und Technik) und stellte mit 18 Jahren einen Mitgliedsantrag bei der SED sowie einen Entlassungsantrag aus der deutschen Staatsbürgerschaft verbunden mit einem Antrag auf Ausreise nach Argentinien, um dort den Kampf für die Arbeiterklasse zu führen.
Da ihr Ausreiseantrag zunächst abgelehnt wurde arbeitete Tamara in der Freien Deutschen Jugend (kommunistischer Jugendverband) und wurde dann auch vollwertiges Mitglied der SED. Ihre Spanischkenntnisse verhalfen ihr regelmäßig zu Dolmetschtätigkeiten, wodurch sie im Jahre 1960 das erste Mal Ernesto Ché Guevara bei seinem Besuch in die DDR begegnete, als sie als Übersetzerin für ihn fungierte. Ferner dolmetschte sie für weitere kubanische Gäste. Durch persönliche Beziehungen mit der Balletttänzerin Alicia Alonso konnte sie bei der Rückreise dieser und ihrer Tanzgruppe den Platz einer Tänzerin einnehmen, die sich dazu entschied in Prag zu bleiben. In Kuba schloss sie sich einer revolutionären Volksmiliz an und wurde von Ché Guevara ausgewählt, sich am Export der sozialistischen Revolution in Südamerika zu beteiligen. Zur Vorbereitung wurde sie geheimdienstlich und militärisch ausgebildet.
Als Agentin wurde sie unter falschem Namen vom kubanischen Geheimdienst nach Bolivien geschickt (1964) und schloss sich 1967 der indes aktiven Guerilla Truppe um Guevara in den bolivianischen Bergen an. Im Sommer gleichen Jahres verlor Tamara durch einen feindlichen Hinterhalt des bolivianische Militärs, nachdem ein Bauer die Kämpfer verraten hatte, am Rio Grande ihr Leben.
[Mehr zu Tamara Bunke: https://berichteaushavanna.de/2017/08/30/lebensweg-einer-revolutionaerin-tamara-bunke-und-tania-la-guerillera/ sowie: http://berichteaushavanna.de/2017/10/15/proyecto-tamara-bunke-und-tamaras-vermaechtnis/]
19.11.2017: Heute wäre Tamara 80 Jahre alt geworden
Zur Feier des runden Geburtstags unserer Namensgeberin wurde ein Ausflug nach Villa Clara geplant, um den Anlass gebührend unter anderem an Chés Mausoleum zu feiern, wo die sterblichen Überreste der anderen Guerilleros und Tanias ruhen.
Gemeinsam mit unserer Projektgruppe wollten sich weitere kubanische Studierende und Professoren der CUJAE auf den Weg machen. Da sich aber bis am Abend vor geplanter Abfahrt kein Transportbus organisieren ließ, musste der Ausflug leider kurzfristig abgesagt werden. Aber auch in Havanna beschäftigen sich Menschen mit der deutsch-argentinischen Kämpferin – quasi jede/r kennt ihren Namen. Unsere Gruppe wurde zu einer feierlichen Kuchenrunde zu zwei renommierten Historikern, Autoren und Regisseuren eingeladen: Froilán González und Adys Cupull. González und Cupull hatten in der kubanischen Botschaft in Bolivien gearbeitet und beschäftigen sich in ihrer Autorentätigkeit mit Jose Martí [Artikel zu Martí: ]. Nach ihrer Rückkehr nach Kuba hatte Fidel Castro die Idee, dass sich die beiden in Bolivien auf die Suche nach Überresten Ché Guevaras machen könnten, da sie sich in dem Land bereits gut auskannten. Somit begannen sie bereits in den 80er Jahren mit ihrer Suche und führten in dieser Zeit bereits rund 300 Interviews mit Personen aus der Gegend, in der Ché umgekommen war. Schließlich wurden die Überreste Chés 1997 gefunden und nach Kuba überführt. Ohne die intensive Arbeit González’ und Cupulls wäre dies wohl nie passiert. Die Zeit der Suche war für beide der Auslöser für ihr eigenes Interesse an Ché und führte zu den zahlreichen Buchpublikationen. González und Cupull schrieben 18 Bücher über Ché Guevara und hatten erst kürzlich eine zehn Kapitel umfassende Filmdokumentation über Tamara Bunke fertiggestellt. Einige unserer Gruppe besuchten die beiden in ihrem Zuhause in Centro Habana. Dieses entpuppte sich als einziges Museum. Das Treffen begann im ersten Raum des Hauses, in dem wir diverse Bilder von Ché Guevara begutachten konnten. Dort wurden wir von den Gastgebern willkommen geheißen und begrüßten außerdem noch weitere eingeladene Gäste: Fernando, ein politisch aktiver Student der Universität Havanna, der an dieser universitäre Projekte betreut, die sich an die Gesellschaft richten (z.B. soziale Nachbarschaftsarbeit), eine weitere Schriftstellerin namens Elsa Blaquier Ascaño, die ebenfalls ein Buch über Ché Guevara geschrieben hat*, der Filmemacher und beim Fernsehen arbeitende Freddy Morro, sowie die ehemalige Moderatorin einer Nachrichtensendung.
Wir lernten uns kennen und es wurden Anekdoten und Erinnerungen geteilt. Beispielsweise erzählte die eingeladene Schriftstellerin, wie sie mit zarten 16 Jahren, ihrem langen blonden Zopf, das erste Mal Ché begegnete.
Durch einen weiteren kleinen Raum und einen Flur, in denen es auch wieder viel zu sehen gab (zum Beispiel künstlerische Darstellungen von Ché – aus Fensterlamellen, Holz, Muscheln und Fischschuppen – sowie diverse Auszeichnungen für González und Cupull), wurden wir in einen weiteren Raum geleitet, in dem schon eine prächtige Torte aufgetischt war. Bevor diese angeschnitten wurde, schauten wir uns alle gemeinsam den letzten Abschnitt der kürzlich vollendeten Dokumentation González’ und Cupulls an. In diesem wurde das Lied „Tania“ präsentiert, welches der venezuelische Sänger und Autor Ali Primera Tamara gewidmet hat.
Wir deutschen Besucher hatten dann die Ehre die Torte mit der Aufschrift „Felicidades Tania“ anzuschneiden und verteilten diese an die anwesenden Personen. Von González und Cupull bekam das Proyecto ein Buch** sowie die fertige Dokumentation geschenkt, welche künftig in der von Julián für das Proyecto angelegten Bücherei an der CUJAE zur Verfügung gestellt werden.
* Buchtitel: Seguidores de un Sueño. Von: Elsa Blaquier Ascaño. [siehe Fotos]
** Buchtitel: Huellas de Tania. Haydée Tamara Bunke Bíder. Von: Adys Cupull und Froilán González, 2017, Publicaciones Adarga, Santa Cruz de la Sierra, Bolivia. [siehe Fotos]
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Sehr schöner Artikel. Er lässt die damalige Gesellschaft richtig erleben.
Liebe Grüße,
Adnan