Mehr Gehalt vom Staat – was bedeutet das?

Sommerloch in Kuba. Die CUJAE ist wie leer gefegt, bis Ende August sind Semesterferien und alle kubanischen Studierenden haben ihre Wohnheime verlassen, um zu ihren Familien zurückzukehren oder zu verreisen, die Professor*innen haben ihre Arbeitsplätze verlasssen; lediglich die Verwaltung der Universität ist Wochentags noch auf dem Gelände anzutreffe. Sie und die ausländischen Studierenden, die ebenso wie wir in ihren Unterkünften wohnen bleiben. Ab und zu huschen Straßenhunde, die sich das Gelände zu ihrem zu Hause gemacht haben und von allen akzeptiert werden, die Wege entlang. Nachmittags fegen die Winde der vorbeiziehenden Gewitter über ansonsten verlassene Straßen; das Rascheln der Palmenblätter und Gräser eines der wenigen Geräusche auf dem Universitätsgelände.

Die letzten Wochen vor der großen Abreise waren dafür umso geschäftiger. Tägliche Prüfungen, Praktika, Verteidigungen von Abschlussarbeiten, Jahresabschlussplena, die Studierende und Professor*innen gleichermaßen auf Trab gehalten haben. Mittendrin dann auf einmal die Neuigkeit: Die Gehälter sollen erhöht werden.

Was bedeutet das?
Schon seit Ankunft auf Kuba haben wir uns mit der etwas schiefen kubanischen Wirtschaftslage konfrontiert gesehen: während Menschen in den nichtstaatlichen Teilen des Dienstleistungs- und besonders Tourismussektors sehr viel Geld verdienen, gehören Lehrer*innen und Ärzt*innen zu den Arbeitenden auf Kuba, die am wenigsten Gehalt erhalten – unterdurchschnittlich viel.

Dies hat immer weiter dazu geführt, dass etwa Mittel vom staatlichen Arbeitgeber abgezweigt werden, um sich selbst zu erhalten. Zudem geben immer mehr gut ausgebildete Menschen ihre eigentlichen Berufe auf, um in den ertragreicheren Sektoren eine bessere Basis für ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Zum nächsten Studienjahr wird erwartet, dass sechs Prozent der benötigten Lehrstellen an Schulen und Universitäten aufgrund dieses Ungleichgewichtes unbesetzt bleiben. Um diesen Verlust zu decken haben sich „Ayudantes Estudiantiles“ gebildet, Schüler*innen und Studierende, die ihren etwas jüngeren Kommiliton*innen Unterricht geben und den übrigen Lehrkräften so unter die Arme greifen. Solidarität wird weiter hochgehalten und dennoch ist klar, dass die Situation sich bessern muss.

Die Gehaltserhöhung soll nun als ein Punkt unter weiteren zur Weiterentwicklung und Umgestaltung des Wirtschaftssystems in Kuba ab August effektiv in Kraft treten. Damit soll das monatliche Mindestgehalt auf 400 Pesos (16 Dollar) steigen, das Durchschnittsgehalt auf 1.067 Pesos Cubanos (44 Dollar). Fast anderthalb Millionen Menschen sollen betroffen sein. Das nötige Geld soll aus den für den Staatshaushalt 2019 vorgesehenen Finanzen kommen.

Gleich mehrere unserer Dozent*innen äußern sich in den Tagen nach der Verkündung ganz erleichtert – für sie wird die Erhöhung erheblich sein. Mit dem vorigen Gehalt sei es zum Beispiel kaum möglich gewesen, sich etwas anzusparen, erzählt uns einer. Zu viel des Eingenommenen habe  – trotz Libreta – insbesondere für Lebensmittel ausgegeben werden müssen. Gleichzeitig zeigen unsere Dozent*innen sich besorgt: wenn die Regierung mit der Gehaltserhöhung nicht auch gleichzeitig dafür sorgt, dass Preise auf dem Markt gleichbleiben, werden all die Maßnahmen nichts bringen, im Gegenteil. Besorgt wird auf Venezuela geschielt. Auch ist allen klar, dass diese Maßnahmen wenn überhaupt nur ein Tropfen auf heißem Stein sein können: die großen Gehaltsunterschiede, die sich inzwischen durch den Tourismussektor in der kubanischen Gesellschaft etabliert haben, werden so nicht gemildert.

Unsere Dozierenden wollen die Maßnahmen dennoch als ein Symbol erachten; Probleme werden anerkannt und Schritt für Schritt wird versucht, sie anzugehen.

Hier schreibt Richard über die Maßnahmen des kubanischen Staates gegen die Inflation.

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