La Antorcha Encendida – XI Congreso UJC-CUJAE

Fühle deine Organisation, nimm teil, debattiere, ändere etwas, erinnere dich daran, dass deine Universität und dein Land dich brauchen, deine Freude, deine Fähigkeit Herausforderungen zu begegnen, deine Kreativität. Gib dich nicht damit zufrieden, ein einfacher Beobachter zu sein, du bist notwendig, du bist die Gegenwart.
Deine Zukunft, sie ist heute.”

(“Siente tu organización, participa, debate, transforma, recuerda que tu universidad y tu país necesitan de ti, de tu alegría, de tu capacidad para enfrentar desafíos, de tu creatividad. No te conformes con ser un simple espectador, tú eres necesario, tú eres el presente. Tu futuro, es hoy.”)

Foto: Roberto Abreu Pérez

So heißt es auf Zetteln, die auf dem Gelände der CUJAE aushängen und Studierende an den anstehenden elften Bilanz-Kongress der UJC aufmerksam machen sollen. Die UJC, das ist die Unión de Jóvenes Comunistas, also die Vereinigung der kommunistischen Jugendlichen in Kuba und die Jugendorganisation der hiesigen Kommunistischen Partei. Ihr Ziel ist es, Jugendliche dazu zu bewegen, sich aktiv am Aufbau des Sozialismus in ihrem Land zu beteiligen. Dabei wird überall – auch auf dem Kongress – sehr viel Wert auf die Definition der UJC als “vanguardia” gelegt, also als Vorhut, die anderen Jugendlichen zur Orientierung gelten kann und soll. Alle fünf Jahre werden diese Ziele und Ansprüche auf einem großen Kongress diskutiert. Der eigentliche landesweite Kongress der UJC, zu dem aus allen Provinzen „militantes“ der Vereinigung, anfahren werden, wird jedoch erst am 4. April 2020 stattfinden. Dieses Jahr wurde am selben Datum – also genau ein Jahr vor dem nationalen Kongress – von der aktuellen Vorsitzenden der Organisation der Termin bekanntgegeben und bis dahin sind alle Untergruppierungen der UJC dazu angehalten, ihre Bilanz zu ziehen. So auch an der CUJAE.

Einführung in die Veranstaltung: ¿Cómo hacer nuestra Juventud mejor?

Kurz vor neun Uhr auf dem Campusgelände, wir sind auf dem Weg zum elften Kongress der UJC der CUJAE. Als linkspolitisches Projekt sind wir trotz Nichtzugehörigkeit zur kommunistischen Jugend eingeladen. Am Eingang des Gebäudes der Architektur-Fakultät, in dem der Kongress stattfindet, hängt eine riesige Kuba-Flagge an der Fassade. Es sind viele Kongressteilnehmer im Eingangsbereich, einige betreten bereits den Veranstaltungsraum, andere melden sich zum Kongress an. Jede teilnehmende Person bekommt ein Namensschild, auf welchem auch ihre Fakultät vermerkt wird. Als wir den Hörsaal betreten, sind die meisten Plätze bereits besetzt. Ein Blick durch den Raum und es fällt auf, dass die Studierenden größtenteils die T-Shirts ihrer Fakultät, der Universität oder der UJC tragen. Auch vom Kongress gibt es T-Shirts, die am Eingang an die Teilnehmenden verteilt werden und die sich einige bereits übergezogen haben. Direkt vor uns steht ein Podium mit sechs Plätzen, daneben die Flaggen von FEU (Federación Estudiantil, die Studentenorganisation Kubas), UJC und Kuba. An den Wänden dahinter sind Plakate mit dem Logo der UJC, des Kongresses und der CUJAE angebracht. Ein Bild Fidels, eines José Martís und eines Camilo Cienfuegos hängen an den Wänden im Saal verteilt. Einige Studierende werkeln an der Musikanlage herum und wenige Sekunden später ertönt Reggaeton und Salsa. Der Kongress beginnt.

Der Sekretär der UJC-CUJAE tritt nach vorne und begrüßt die versammelten Studierenden mit einem motivierten „buenos días!“. Die Antwort der Menge: für ihn nicht enthusiastisch genug. Ein zweiter Anlauf und das „buenos días!“ schallt durch den Saal. Diesmal sollten alle Teilnehmenden wachgerüttelt sein. Es geht noch nicht viel um Inhaltliches in diesem ersten Teil des Kongresses. Zunächst einmal werden die Namen derjenigen verlesen, die in der UJC-CUJAE Positionen in comités oder anderen spezifischen Ämtern einnehmen. Diese erheben sich kurz und werden mit einem sogenannten „aplauso deportivo“ („un, dos, un dos, tres“) gewürdigt. Auch die Fakultäten werden abgefragt, die Anwesenden jeder Fakultät sollen ihre Hände heben. Es herrscht eine recht ausgelassene Stimmung im Saal. Einige Fakultäten machen sich die Abfrage zum Spiel, versuchen sich gegenseitig im Aufzeigen und in Lautstärke zu überbieten oder machen (beziehungsweise versuchen) die La-Ola-Welle. Es wird gelacht. Dann wird kurz auf die kommenden Inhalte eingegangen. Veränderungen sollen gemacht werden, dieser Kongress soll dazu da sein, sich zu reflektieren und neue Wege abzuwägen. Das Ziel ist es, mögliche Ansätze zu finden, wie die Arbeit der kommunistischen Jugend verbessert werden kann.

Arbeit in den Kommissionen: Hay que crear espacios!

Die Menge verstreut sich über den Campus. Die bereits vor dem Kongress in den Fakultäten (der sogenannten Basisebene) in Kommissionen aufgeteilten Gruppen von circa 30-40 Personen ziehen sich an verschiedene Orte auf dem Campus zurück. Insgesamt sind es fünf Kommissionen zu den Themen Ideologie (ideología), Betrieb (funcionamiento), Kommunikation (comunicación), Arbeitende (trabajadores) und Organisationen (organizaciones), aus denen sich der Kongress zusammensetzt. Alle Kommissionen arbeiten mit dem gleichen Ziel: Ansätze zu finden, die Arbeit der kommunistischen Jugend zu verbessern. Dazu soll reflektiert werden. Wir sind dazu eingeladen, Teil der fünften Kommission zu sein, in der es um die Beziehungen der UJC mit der FEU, weiteren Organisationen und internationalen linken Bewegungen geht. Auch das Proyecto Tamara Bunke spielt hier eine Rolle.

Die Grundlage der UJC-CUJAE bilden die sogenannten comités de base, welche sich aus Klassenzusammenhängen zusammensetzen. Aus diesen geht wiederum das comité primario hervor, das die gesamte Fakultät repräsentiert. Auf nächster Ebene folgt das comité UJC-CUJAE, dessen zwölf Delegierte die CUJAE auf höherliegenden Ebenen vertreten. In unserer Kommission gibt es fünf Student*innen, die als gewählte Mitglieder in dem comité UJC-CUJAE oder als Amtsträger anderer Positionen in der UJC die Aufgabe übernehmen, die Diskussionen anzuleiten und sich Vorschläge und Anregungen zur Verbesserung aufzuschreiben.

In unserer Kommission werden die Student*innen dazu aufgefordert, sich weiter aufzuteilen und in Arbeitsgruppen fünf Defizite und fünf Stärken der UJC im Bezug auf die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen zu notieren, außerdem drei positive Erfahrungen und drei Vorschläge zur Arbeit der UJC. Auch wir aus dem Proyecto werden mit in die Gruppen eingeteilt. So haben auch wir die Möglichkeit, unsere Erfahrungen als internationalistisches Projekt bezüglich der Zusammenarbeit mit der UJC und auch weitere Erfahrungen – etwa mit dem Movimiento Cubano de Excursionistas – anzubringen. Ansonsten ist die Gruppenarbeit mit jener Arbeit in anderen politischen Zusammenhängen zu vergleichen. Ein Teil der Gruppe nimmt sich eher zurück und hört still zu, andere diskutieren angeregt über verschiedene Aspekte. Als es dann ans Vortragen geht, wird deutlich, dass es vielen schwer gefallen ist, auf Anhieb auf die positiven Aspekte an der UJC einzugehen. An Kritikpunkten und Vorschlägen haben alle Gruppen einiges vorzubringen. Einer der jungen Studierenden vorne am Podium meint halb scherzend, dass die Organisation bereits verloren sei, wenn es den Mitgliedern nur gelingen würde, eine einzige Stärke zusammenzutragen. Einige lachen, denn die Grundstimmung auf dem Kongress ist positiv.

In der folgenden Debatte innerhalb der Kommission wird wiederholt angemerkt, dass die Kommunikation zwischen UJC und FEU verbessert werden müsse. Immer wieder fällt der Punkt, dass ein engerer Kontakt zur FEU hergestellt werden muss. Aber auch andere Studierende sollen vermehrt erreicht werden. Vor allem soziale Medien wie WhatsApp, Facebook und Twitter sollen dazu intensiver genutzt werden und es wird gefragt, wie viele von den Anwesenden im Raum bereits darüber vernetzt sind.

Auch das Proyecto ist namentlich im Kommissionsprotokoll wiederzufinden. Wir werden gebeten, unsere Erfahrungen an der CUJAE und mit der UJC zu teilen. Es sind sich alle einig: zwischen Proyecto und UJC soll es zu mehr Austausch kommen.

Zusammentragen der Ergebnisse: Las personas deben sentirse útil en lo que están haciendo

Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Ranchón folgt mit neuer Kraft der dritte und letzte Teil der Konferenz. Alle haben wieder ihre alten Plätze eingenommen. Auch die sechs Plätze auf der Bühne sind nun besetzt: unter ihnen Funktionäre, Vertreter*innen der Partei und der Universität. Diesmal als Auftakt: die kubanische Nationalhymne sowie die Hymne der CUJAE. Alle im Saal Anwesenden erheben sich und übertönen mit ihrem Gesang die Musik, die das Ganze aus den Lautsprechern begleitet. Lediglich die universitätseigene Hymne ist vorsichtshalber noch mit Untertiteln versehen, wird aber mit genauso viel Inbrunst gesungen.

Einzelne Mitglieder aus den Kommissionen gehen nach vorne und stellen die gesammelten Ziele vor. Anschließend wird ein Ergebnisprotokoll vorgelesen. Es fasst Statistiken über die Teilnehmenden, analysiert und reflektiert die vergangenen fünf Jahre und stellt die Ziele für die kommenden fünf Jahre vor. Einzelne Student*innen melden sich, stehen auf, gehen ans Mikrophon und bringen Vorschläge für Änderungen an. Es wird Kritik geübt. Der Vorsitzende der UJC und die Vertreter*innen der Partei kommentieren die Vorschläge. Alle Änderungen – einige abgewandelt, andere wortwörtlich – werden übernommen. Zwischen einem Studenten und einer Person auf dem Podium kommt es so zu einer Diskussion. Sollen die Nationalhelden Kubas nun gegenüber der Jugend möglichst hoch und in Ehren gehalten oder möglichst menschlich betrachtet werden? Andere Studierende mischen sich mit ein. Schließlich findet sich ein Kompromiss, beide Formen der Erinnerung sollen in der Arbeit der UJC eine Rolle spielen.

Am Ende sind es zehn Hauptziele. Die meisten davon sind vorher schon im Bericht niedergeschrieben. Sie werden den Leitfaden der Arbeit der UJC für die kommenden fünf Jahre bilden und beinhalten den Ausbau der Zusammenarbeit der UJC mit anderen Organisationen, die Erweiterung und Verbreitung der politischen Ideologie und deren Werte: die Verteidigung der Menschenrechte, den Patriotismus, den Antiimperialismus, sowie den Internationalismus und das Voranbringen der Revolution. Es werden auch die Ziele festgehalten, Jugendliche dazu zu bringen, sich intensiver mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen, sie mit ihren Rechten und Aufgaben vertraut zu machen und die kubanischen Nationalheld*innen als Vorbilder zu würdigen.

Die neuen Punkte werden verlesen und die Student*innen sollen mit Handzeichen über die Ziele für die kommenden Jahre abstimmen. Zuletzt werden die neuen Delegierten gewählt. Dazu stehen am Ausgang des Hörsaals Wahlurnen, jeder der den Saal verlässt, lässt seinen Stimmzettel hineinfallen. Zu Beginn der Konferenz wurde den Student*innen ein Heft ausgeteilt. In ihm zu finden: alle diejenigen, die zur Wahl stehen, mit Namen, Matrikelnummer und Tätigkeiten. Eine persönliche Vorstellung der Personen gibt es nicht. Die Veranstaltung endet mit dem Auszählen der Stimmen, der Vorstellung der neuen Vorsitzenden, dem Verteilen von Blumen und neuen Mitgliedskarten und einem Video – aufgenommen auf dem Gelände der CUJAE –, in dem einzelne „militantes“ erzählen, was für sie die UJC bedeutet.

Weitere Fragen und weitere Antworten: El logro es en la unidad

Auch nach dem Kongress und vielen kurzen Gesprächen mit Mitgliedern der UJC, sind für uns noch viele Fragen ungeklärt: Wie tritt man der UJC bei? Wie genau ist die Organisation aufgebaut? Und wie steht sie in Verbindung zu anderen kommunistischen Vereinigungen oder Jugendorganisationen? Über all das und noch mehr reden wir mit einem militante der UJC, den wir auf gemeinsamen Exkursionen kennengelernt haben. Als wir die Treppen zu seiner Fakultät hinaufsteigen, wartet er schon auf uns. Gemeinsam betreten wir ein kleines, klimatisiertes Büro. Die auf dem Tisch verstreuten Zettel mit abstrakten Formeln lassen drauf schließen, dass hier noch vor wenigen Minuten gelernt wurde. Die gesamte CUJAE ist in diesen Wochen damit beschäftigt, sich auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Die Zeit, uns offene Fragen zu beantworten, nimmt er sich dennoch.

Die Mitgliedschaft in der UJC ist freiwillig. Jede Person zwischen 15 und 30 Jahren hat die Möglichkeit, Teil der Vereinigung zu werden. Ein gewisses Engagement im Bezug auf Arbeit für die Gemeinschaft und dem Aspekt, dem Gedankengut des Sozialismus verschrieben zu sein, sollte man jedoch vorweisen können, um Mitglied der UJC zu werden. Außer des freiwilligen Beitretens, kommt es vor, dass sich nicht die Studierenden an die UJC wenden, sondern die UJC an die Studierenden, wenn sie durch besonders hohes Engagement und/oder vermehrte Teilnahme an Aktivitäten der Universität oder an Umzügen und Hilfsbrigaden, hervorstechen. Auch bei dem durch die UJC nahegelegten Beitreten geschieht dies selbstverständlich freiwillig und eine Einladung in die Organisation kann abgelehnt werden, ohne negative Konsequenzen.

Im Bezug auf den Partido Comunista de Cuba (PCC) ist die Verbindung der UJC zur Partei relativ locker. Die Mitgliedschaft bei der UJC kann das Eintreten in die Partei erleichtern , ist dennoch in keinem Fall eine Voraussetzung. Man kann folglich Teil der UJC und der PCC sein, jedoch kommt es häufiger vor, dass nur die Mitgliedschaft in einer der beiden Organisationen der Fall ist.

Außer der Fragen zu sachlichen Themen und Fakten – die CUJAE hat ca. 13.000 Student*innen von denen ca. 1150 Mitglieder der UJC sind – entwickeln sich Fragen wie die UJC mit Mitgliedern umgeht, die möglicherweise nach Eintreten in die UJC nur wenig bis kein Engagement zeigen. Die Frage ist für unseren Bekannten ganz einfach zu beantworten: Prinzipiell werde erst einmal versucht, die Jugendlichen wieder zu motivieren und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie an den Aktivitäten der UJC teilnehmen können. Wenn durch diese Motivationsversuche nichts bewirkt werden kann, müssen sie vorübergehend aus der UJC austreten, was keinen falls bedeutet, dass der Kontakt zur UJC abbricht. Im Idealfall treten die Student*innen nach einer Pause wieder ein. Auch er habe sich schon eine Auszeit von der UJC genommen, als er viel für sein Studium lernen musste. Das Studium gut zu meistern, ist und bleibt die Hauptaufgabe eines jeden Studierenden. So mussten auch schon die ein oder anderen militantes gebremst werden, wenn sie aufgrund von Veranstaltungen der UJC ihr Studium vernachlässigt haben.

Die Bandbreite von Aktivitäten der UJC ist groß, sie geht von der gemeinsamen Teilnahme am Umzug des 1. Mais, über Informationstreffen zur politischen, globalen Lage, Studentenfeiern, bis hin zum Besuch von Altenheimen, Kindergärten und Grundschulen. Er steht auf und holt zwei Stelzen aus einer Ecke neben einem Schrank, die er selbst zusammengebaut hat. Ganz einfach: zwei lange Hölzer mit jeweils einem kleinen Klotz an einer Seite. Die und noch weitere Exemplare nimmt er mit, wenn sie was mit den Kindern und Jugendlichen unternehmen.

Eine letzte Frage, die uns nachhaltig in Gedanken bleibt, geht von ihm selbst an uns und lässt uns ins Nachdenken über die deutsche Jugend kommen. Existiert Einheit unter deutschen Jugendlichen? Für uns eine Frage, die absurd ist. Keine von uns beiden hat sie sich schon einmal gestellt und er stellt sie mit einer Selbstverständlichkeit. Was haben alle Jugendlichen in Deutschland gemeinsam? Was verbindet sie? Eine befriedigende Antwort finden wir nicht. Und fasziniert von der Tatsache, dass sein Bild, welches er von der kubanische Jugend hat, ihn dazu bringt, eine Frage wie ebendiese zu stellen, geht unser Gespräch zu Ende.

#SomosUnaAntorchaEncendida

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