Auf der anderen Seite der Hauptverkehrsstraße vor der CUJAE liegt die „Fressmeile“, wie sie liebevoll von den Bunkistas genannt wird. Bunte, dicht aneinander gereihte Blechverschläge – Reggaeton schallt aus Lautsprechern in jeder zweiten Imbissbude.
Das Essensangebot reicht von dem typischen Pollo frito (Reis mit Hühnchen) über Frittiertem jeglicher Art, belegten Brötchen bis zu mutierter Pizza und Pasta, vor denen jeder Liebhaber der italienischen Küche Reißaus nehmen sollte.
Trotz breitem kulinarischen Angebot und dem einmaligem sozialen Charakter der Fressmeile war schnell klar, dass wir eine Alternative zu dem Essen dort brauchen würden.
Im Edificio 700 wurde von der vorherigen Gruppe bereits eine mit den Grundlagen ausgestattete Küche eingerichtet.
Die Küche ist ein kleiner Raum, nach Innen mit schmierigen Glasfenstern und Außen die typischen Lamellenfenster. Da man die Lamellen nie ganz schließen kann, sind Insekten und Frösche gewöhnliche Gäste und wenn man alle Fenster öffnet und am Herd steht, dann fühlt man sich, als würde man draußen kochen. Der Blick auf einen knorrigen alten Baum und dem Sportplatz der CUJAE vor dem Fenster ist idyllisch. Doch um den Raum öfter und nach unseren Ansprüchen nutzen zu können, muss Ordnung in das Tüten- und Tupperdosendurcheinander gebracht – und Stauraum geschafft werden.
Das Projekt „Küche-auf-Vordermann-bringen“ im Hinterkopf, fahren wir mit Plastiktüten bewaffnet zu einem Einkaufsbummel nach Marianao. Brötchen in der Bäckerei kaufen und die große Auswahl im Gemüsemarkt sind unsere Ziele.
Auf dem Weg kommen wir an einem tiefer gelegten Hauseingang vorbei, dort sind Holzregale zwischen aufgehängter Wäsche ausgestellt. Die Regale sehen aus wie Möbel, die in eine Puppenstube gehören.
Eine junge, gelangweilt aussehende Frau um die 20, hält in den schmalen Fingern mit krallenlangen bunten Fingernägeln eine Zigarette. Sie nickt uns zu, als wir unschlüssig stehen bleiben, für umgerechnet 20 Euro erwerben wir die kitschigen Puppenmöbel. Vollbepackt mit Plastiktüten voller Gemüse und Brötchen, Holzregalen über den Armen – rein in den Nachmittags immer überfüllten Bus und zurück zur CUJAE.
Am nächsten Tag wird der viele Krempel aus dem kleinen Raum in den engen Flur geräumt. Eine Grundreinigung steht an und spontan entscheiden wir uns dazu die Wände neu zu streichen. Erst nach der langwierigen Putzarbeit können wir unsere Regale an die Wand montieren. Mit dem aus Deutschland mitgebrachten Betonbohrer terrorisieren wir die Mitbewohner des Hauses und kriegen neugierige Besucher, die nach der Quelle des Lärmes suchen und uns für eine Weile bei der Arbeit zusehen. Nach zwei Tagen können wir zufrieden unser Ergebnis betrachten. Das Projekt geht weiter und bei jedem Einkauf, sind wir auf der Suche nach Brotkörben, verschließbaren Boxen und jedes aufgebrauchte Glas wird in eine Gewürzdose verwandelt.
In den letzten Wochen ist der kleine Raum zum Herz unseres Zusammenlebens geworden. Wir befinden uns in einem andauernden Krieg gegen Ameiseninvasionen, mit Insekten und Fröschen praktizieren wir ein positives Miteinander. Gemeinsames Kochen und Essen mit allen die da sind, seien es Gäste, Gruppenteile oder unsere Recepcionistas, ist ein fester Bestandteil unseres Alltags auf dem Unicampus geworden.
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