Vatertag auf Cuba
Vatertag, ein Event, dass in Deutschland oft mit fahrradfahrenden Männergruppen verbunden wird, die betrunken von einer Ortschaft in die nächste radeln oder aber mit dem Bollerwagen unterwegs sind. Auf Cuba wird dieser Feiertag ebenfalls zelebriert, wenn auch nicht wie in Deutschland, 40 Tage nach Ostern an Christi Himmelfahrt, sondern am dritten Sonntag im Juni, der dieses Jahr auf den 21. fiel. Doch hätten mich nicht die neugesprayten Wandgraffitis, die ich an Fassaden von Geschäften entdeckte daran erinnert, dass es sich um den Ehrentag der Väter handelt, hätte ich ihn wohl nicht in Verbindung gebracht mit dem, was sich hier auf der Insel abspielt…
Obst und Gemüse zu geringen Preisen
Schon am Samstag den 20.06., dem Tag vor den Festlichkeiten, fielen mir die großen Märkte auf, die in jedem Gemeindebezirk aufgebaut wurden. Eine Mischung aus Verkaufsständen mit frischem Obst und Gemüse, sowie Essens- und Trinkbuden mit kleinen Snacks für Zwischendurch. Für Unterhaltung sorgten Bands aus dem Umfeld, die mit Songs über die Region das Publikum begeisterten. Als ich mich durch die Massen schob, die sich wegen des Spektakels auf der Straße befanden, fielen mir die außergewöhnlich billigen Preise auf. Als ich meine Nachbarin darauf hinwies, erklärte sie mir überhaupt erst den Grund dieser Messen, die auf Cuba unter dem Namen Feria bekannt sind. Der Staat garantiert jedem cubanischen Bürger die existentiellen Lebensmittel, in dem er die Möglichkeit bereitstellt mit der Libreta, einer Lebensmittelkarte, auf die man stark subventionierte Produkte erhält, einkaufen zu gehen. Darüber hinaus existieren jedoch einige Unterschiede innerhalb der Bevölkerung wer sich zusätzliche Nahrungsmittel, vor allem aber wie häufig und in welchen Mengen leisten kann und für wen dies in weiter Ferne liegt. Diesem Problem der Ungleichheit, das unter anderem durch Gelder, die aus dem Ausland an einige cubanische Familien geschickt werden, hervorgerufen wird, nimmt sich der Staat an und organisiert z.B. regelmäßig Märkte, auf denen alle Produkte besonders billig zu erstehen sind. Somit soll jedem der Kauf und Verzehr von Obst und Gemüse, Waren, die seit einigen Jahren nicht mehr mit der Libreta zu erhalten sind, gewährleistet werden. Es handelt sich also um eine Variante des Staats die Auswirkungen einer sich öffnenden Schere zwischen arm und reich abzufedern. Doch wie ist das möglich? Wie können Lebensmittel auf einmal günstiger werden? Auch darauf hatte meine Nachbarin eine Antwort. Sie erläuterte mir, dass es sich bei den Verkäufern der Märkte oft auch um die Produzenten handelt. Da so die üblichen Arbeitsschritte von der Erzeugung, über den Transport, bis hin zum Verkauf in die Hände einer einzigen Person fallen, kann eine Menge Geld gespart werden, was sonst den in den Prozess miteinbezogenen Personen bezahlt werden müsste und deshalb auf den Preis des Produkts addiert wird. Wenn nun Feiertage wie der Vatertag vor der Tür stehen, werden diese Messen bewusst kurz vor das Event gelegt, um jeder Familie die Möglichkeit zu bieten üppig einkaufen zu gehen und ein ganz besonderes Festmahl zuzubereiten.
Fiesta mit der ganzen Familie
Am Sonntag waren die Straßen wieder sehr belebt, wieder mit vollbeladenen Menschen, doch dieses Mal nicht angelockt von der Feria, sondern auf dem Weg zu ihren Verwandten. Der Vatertag wird nämlich im Verband der Familie gefeiert. Diese spielt eine wichtige Rolle in der lateinamerikanischen und somit auch cubanischen Kultur. Deshalb möchte es keiner versäumen diesen Tag mit der Familie zu verbringen. Da die Küchenausstattungen in den Wohnungen nicht immer vollständig sind, bringt jeder mit, was er besitzt und was noch fehlt. So sah ich z.B. Personen mit Mixern oder Kochtöpfen unter dem Arm im Bus stehen. Jeder versuchte das Beste aus seinem Aussehen herauszuholen und trug die feinsten Sachen, die er besitzt. Die kleinen Mädchen hatten aufwendige Flechtfrisuren und die Jungs wurden von ihren Eltern darauf hingewiesen nicht in Pfützen oder Dreck zu treten, um ihre geputzten Schuhe nicht schmutzig zu machen. Im Laufe des Nachmittags trudelten alle nach und nach bei dem Familienmitglied ein, dass die größte Wohnung besitzt, um gemeinsam zu essen, das ein oder andere Glas Rum zu trinken, sich zu unterhalten, Musik zu hören sowie zu ihr zu tanzen oder aber die Gewinner von Spielen wie Schach und Domino zu ermitteln. Viele feierten vor ihrem Heim auf der Straße, da die Häuser oft nicht genug Platz bieten, um alle Familienmitglieder unterzubringen. Dadurch entstand auch eine wilde Mischung aus Liedern, da jede Wohnung seine eigene Musik spielte. Wenn man eine Straße entlang ging, kam man sich vor, als wenn man durch eine Playlist zappen würde, weil man nie wusste, was einen hinter der nächsten Straßenecke oder auch schon nach wenigen Metern erwartete. Doch typischerweise wurde viel Salsa und Regaeton, die für Cuba bekannte Musik gespielt. Was mir besonders auffiel, war wieder das generationsübergreifende Miteinander. In Deutschland kaum mehr vorstellbar, doch in Cuba alltäglich: Greise Männer spielten mit ihren pubertierenden Enkeln, kleine Kinder tanzten mit ihren Eltern und das alles in friedlicher Atmosphäre zwischen Bordstein und Wohnzimmerteppich.
Hat dies auf Netzwerk Kuba Österreich rebloggt.