Abwerbungsversuche von Fachkräften sowie ihre Folgen
Überarbeitetes Personal, da zu wenig Stellen besetzt sind, neue Aufgabenbereiche, die nicht in die Felder der erlernten Berufe fallen, aber auch große Streiks und Demonstrationen gegen diese Situation, sind in Industrieländern schon lange keine Seltenheit mehr. Eine Ursache für diesen Zustand ist der durch flächendeckende Einsparungen im Bildungssystem verursachte Fachkräftemangel, der weltweit besteht. Doch über die Auswirkungen in Entwicklungsländern wird selten ein Wort verloren. Die wenigsten sind sich den Ausmaßen bewusst, die dieser Zustand mit sich bringt. Denn z.B. Angst davor zu haben nicht medizinisch versorgt werden zu können, da es keine Ärzte gibt, ist für die meisten von uns unvorstellbar.
Schwarzer Peter der internationalen Arbeitsteilung
Hinzu kommt die steigende Tendenz dieser Misere, da durch die fehlenden Fachkräfte in den Industrienationen, die eigene Ausbildungskosten sparen wollen, ein regelrechter Wettstreit um ausgebildetes Personal aus Entwicklungsländern entstanden ist. So emigrierten in den letzten 40 Jahren mehr als 1 200 000 qualifizierte Arbeiter aus Lateinamerika und der Karibik in die Vereinigten Staaten, nach Kanada und Großbritannien. In Lateinamerika macht das einen Durchschnittswert von mehr als 70 Wissenschaftlern pro Tag innerhalb von 40 Jahren aus. Teilweise haben afrikanische, karibische und mittelamerikanische Länder mehr als 30 % ihrer Bevölkerung mit akademischem Abschluss verloren. Spitzenreiter sind die Karibikinseln, die die höchste Fachkräfte-Abwanderungsrate der Welt aufweisen, mit 8 von 10 Universitätsabgängern, die auswandern. In Folge dessen, manifestiert sich die Position der Entwicklungsländer innerhalb der Staatenhierarchie weltweit immer wieder aufs Neue. Den Entwicklungsländern fehlt häufig die Möglichkeit, eine angemessene Anzahl an qualifizierten Kräften auszubilden, so dass sie oft nicht ein Mal den eigenen Bedarf abdecken können. Meistens sind nur wenig vorhandene Ausbildungsprogramme, sowie Lehrkräfte eine Ursache hierfür. Hinzu kommt, dass es sehr schwer ist Personal zu halten oder anzuwerben, da nur ein niedriger Lohn zur Verfügung gestellt werden kann und die Arbeitsbedingungen nicht selten unbefriedigend sind. Da scheint ein Leben in einem wirtschaftlich starken Staat verlockend. Diese Hoffnung vieler machen sich die reichen Länder zum Vorteil und werben mit einem höheren Lebensstandard. Das dieser trotzdem oft noch weit unter dem Niveau der dort heimischen Bevölkerung liegt, spiegelt nur erneut den Wert der ausländischen Arbeiter wieder. Sie gelten als billige Arbeitskräfte, die auch in Bereichen unter ihren Qualifikationen eingesetzt und zu wesentlich schlechteren Konditionen eingestellt werden können. Außerdem sind ausländische Fachkräfte dem zunehmenden rassistischen Terror der heimischen Bevölkerung ausgesetzt, da diese sie oft als Sündenböcke für ihre eigene prekäre Situation brandmarken.
Auswirkungen der Fachkraftabwerbung
Die Herkunftsländer dieser Arbeiter wiederum machen hohe Verluste durch die verlorene Fachkraft. Das Geld, das oft der Staat in die Ausbildung gesteckt hat, kommt durch Arbeitsleistungen nicht wieder herein und stellt somit eine bedeutende Verminderung des menschlichen Kapitals dar, auf das die Länder in ihrer ökonomischen Entwicklung dringend angewiesen sind. Ihnen werden einige ihrer wenigen Möglichkeiten genommen, mit anderen Staaten in Konkurrenz treten zu können. In ihrer Verzweiflung haben einige Länder, in denen die Ausbildungskosten vom Staat getragen werden, ein Programm entwickelt, das ihre Absolventen verpflichtet, einige Zeit im Ausbildungsland zu arbeiten, um einen Teil der öffentlichen Gelder „zurückzuzahlen“, die zuvor investiert wurden. Einige positive Aspekte können temporäre Auslandsaufenthalte von Fachkräften allerdings haben: durch neuere Technik in den Industrienationen, kommen sie teilweise mit erweiterten Kenntnissen zurück und können während ihrer Zeit im Ausland Gelder an ihre Familien schicken, die diese durch jede beglichene Rechnung in den Staat investieren.
Cubas stetiger Kampf gegen die USA
Eine der ersten Errungenschaften der Revolution war eine grundlegende Reformierung des Bildungswesens. So konnten viele Cubaner eine ausgezeichnete Ausbildung genießen, weshalb der Bildungsstand im ganzen Land heute sehr hoch ist. Damit wird ein Großteil der cubanischen Bevölkerung für die Industrieländer interessant. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Ärzte gerichtet, da über 440 000 der insgesamt 11 Millionen Cubaner im Gesundheitssektor beschäftigt sind und den Ausbildungsrichtlinien europäischer Länder in nichts nachstehen. Damit stellt die Insel eine der höchsten Pro-Kopf-Raten an Ärzten in der Welt. Ganz besonders eifrig sind die Vereinigten Staaten beim Abwerben der medizinischen Fachkräfte. Jedes Jahr halten sie 20 000 Einwanderungsvisa für das cubanische Volk bereit und stellen automatisch rechtskräftige Aufenthaltsgenehmigungen auch für diejenigen aus, die mit Hilfe von illegalen Möglichkeiten eingereist sind. Besonders seit der Ankündigung beider Länder diplomatische Beziehungen wieder aufnehmen zu wollen, hat das sogenannte „Cuban Adjustment Act“ negatives Aufsehen erlangt. Ein 1966 eingeführtes Gesetz, das den Cubanern die Erhaltung der US-Amerikanischen Staatsbürgerschaft ermöglicht und somit ein weiterer Versuch ist, die cubanische Bevölkerung durch Sonderbehandlungen zu ködern. 1995 wurde dieses Gesetz durch die „wet foot, dry foot policy“ ausgebaut, diese beinhaltet Migrationsrichtlinien der USA gegenüber Cubanern. Auch ein Begrüßungsgeld sowie die Aussicht allein durch das Betreten der US-amerikanischen Botschaft einen Auslandsaufenthalt genehmigt zu bekommen, sind ganz bewusst eingesetzte Maßnahmen, die der bevorzugten Behandlung der Inselbewohner dienen und somit massive Abwerbungsversuche darstellt. In jüngster Zeit kam es zu immer lauteren Forderungen nach dem Beenden dieser begünstigten Haltung. Während der aktuellen Verhandlungen zwischen Cuba und den Vereinigten Staaten wird über eine Veränderung gesprochen, doch wie weit sich wirklich etwas verändern wird, bleibt abzuwarten.
Internationale Missionen als Eigentor
Um in Krisensituationen die heimischen Fachkräfte zu unterstützen und Leben zu retten, entsendet Cuba freiwillige Ärzte in betroffene Gebiete. Diese Missionen, auf die nur die Elite der Ärzteschicht geht, nutzt die US-Amerikanische Regierung ebenfalls ganz bewusst, um die cubanischen Mediziner zum flüchten aufzufordern. Eine ganz besonders unverhältnismäßige Tatsache, da die Vereinigten Staaten international die Beiträge der cubanischen Regierung bei Krisen, wie z.B. die medizinische Hilfe bei der Ebola-Epidemie in Westafrika würdigen. Durch die letzten Aktualisierungen innerhalb des cubanischen Systems, die die Reisemöglichkeiten der Cubaner erleichtern, wird es den Industrieländern ebenso vereinfacht cubanische Spezialisten abzuwerben. Ein hartes Los für die kleine Insel, die ein gebührenfreies Bildungssystem für jeden zugänglich macht und somit jedes Jahr horrende Summen aus der Staatskasse in seine Jugend investiert. Auch Ernesto, ein cubanischer Freund, mit dem wir uns über die Thematik unterhalten haben, empört sich: „ Ich kann einfach nicht verstehen, wie die Leute es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, erst das kostenlose System auszunutzen und sich dann abwerben zu lassen. So drücken sie sich einfach davor eine Gegenleistung zu erbringen. Ich hätte immer das Gefühl in der Schuld des Staates zu stehen.“ Doch glücklicherweise gibt es immer noch viele Fachkräfte auf der Insel, die mit Stolz jegliche Errungenschaften des Sozialismus verteidigen und sich nicht durch höhere Löhne von ihrem Ziel der Humanität zu dienen, abbringen lassen. Hier geht es zu weiteren Artikeln von Lotta
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