Geschichte der Abhängigkeit – König Zucker regiert
Der Beginn der Geschichte Cubas wird auf den 27. Oktober 1492 mit der Entdeckung durch Christoph Kolumbus und anschließenden Eroberung durch die spanische Krone datiert. Bald schon nach der Entdeckung Amerikas durch Europa und der darauf folgenden Kolonialisierung (auch Conquista – Eroberung genannt), gab es für die Europäer kein wichtigeres Agrarprodukt als den durch sie in Lateinamerika angebauten Zucker, so wurde beispielsweise der Zucker in Apotheken grammweise abgewogen oder fand im Brautschatz von Königinnen als Mitgift seinen Platz. Durch die Anstrengungen beim Abbau von Gold, Strafexpeditionen und eingeschleppten Infektionskrankheiten wurde die Einwohnerzahl der indigenen Bevölkerung bereits zu Beginn der Conquista erheblich dezimiert, von 112000 auf 893 Indigenos auf der gesamten Insel. Deshalb war es bereits ab 1522 notwendig, die ersten Menschen ihrer afrikanischen Heimat zu entreißen, damit sie zunächst Gold und anschließend dem ,,weißen Gold“ ihre Arbeitskraft opfern konnten. Die Zahl der Sklaven ist bis heute sehr umstritten und wird auf ca. 40 Millionen Afrikaner geschätzt, die verschleppt und versklavt worden sind, wovon nur ca. 10 bis 12 Millionen in Lateinamerika angekommen sein sollen. Es war erlaubt sie wie Waren zu behandeln und sie mit schrecklichsten Strafen und Folterungen gefügig zu machen. Aufstandsversuche wurden stets brutal niedergeschlagen.
Neben Jamaica, Santo Domingo, Puerto Rico und vielen anderen Ländern der Region, wurde der Zucker ebenfalls in Cuba angebaut und verdammte die Erde der Region in ihrer Existenz zu einer Monokultur. Der Anbau des Zuckers hatte weitreichende ökologische Konsequenzen, die bis in die heutige Zeit reichen. Die Pflanze laugte den Boden aus, zerstörte Wälder und vergeudete die natürliche Fruchtbarkeit. Der Zucker stellte den Schlüssel dar, mit dem die Invasoren Cuba über Jahrhunderte beherrschten. Die Gegenden, welche in früheren Zeiten das einträglichste Geschäft mit der kolonialen Agrarwirtschaft erzielten, leiden heute noch unter den Folgen und zählen häufig zu den unterentwickeltsten in der Region, was vor Ort die Lebensrealität und bei uns Statistiken belegen. Vom cubanischen Nationalheld José Martí, welcher eine wichtige Rolle in Cubas Unabhängigkeitskriegen des 19. Jahrhunderts spielte, ist folgendes Zitat überliefert: „Ein Volk, das sein Überleben einem einzigem Produkt anvertraut, begeht Selbstmord.“ Frühere Chronisten hielten fest, dass es vor der Conquista möglich war das Land von einem Ende bis zum anderen im Schatten von Wäldern zu durchreisen, was heute auf Grund der Folgen des Intensivanbaus von Zucker und der Notwendigkeit, den Regenwald roden, nicht mehr möglich ist. Eine von zahlreichen aktuellen Herausforderungen, die ihre Wurzeln in dieser Zeit haben, ist somit für die Fruchtbarmachung und Bewässerung des Bodens zu sorgen.
So äußerte sich Karl Marx in einer Rede über die Frage des Freihandels 1848: „Sie glauben vielleicht meine Herren, dass die Produktion von Kaffee und Zucker die natürliche Bestimmung von Westindien ist. Vor zwei Jahrhunderten hat die Natur, die sich nicht um den Handel kümmert, dort weder Kaffeebäume noch Zuckerrohr gepflanzt.“ Somit ist dies keine zufällige Entwicklung sondern von Menschenhand angelegt und beugt sich der kapitalistischen Produktionsweise im Stadium des Kolonialismus. Der Mensch macht die Geschichte und nicht die Geschichte den Menschen. Somit wurde die cubanische Wirtschaft an den Importinteressen anderer Nationen ausgerichtet. Die Sklaven waren gezwungen nun für den Weltmarkt zu arbeiten und den Profit strich neben der europäischen Bourgeoisie ebenfalls die lokale Oligarchie ein. ,Der Zucker“ setzte Diktatoren ein und ab und bestimmte über lange Zeit die Geschichte Cubas mit schrecklichen Krisen und einer Menge Profit für die hiesige Zuckeraristokratie.
Hinterhof USA
In einer Zeit zahlreicher gesellschaftlicher Umbrüche, zum Beispiel der französischen Revolution, brach in Cuba 1868 ebenfalls der erste Unabhängigkeitskrieg aus. Die Rebellen konnten einige militärische Erfolge verzeichnen, jedoch unterlagen sie letztlich der Conquista auf Grund von Versorgungsengpässen und internen Differenzen. Dem Krieg fielen 200 000 Menschen zum Opfer und er hinterließ ein verwüstetes Land. Jedoch wurde als Folge der anhaltenden landesweiten Proteste und dem internationalen Druck 1886 die Sklaverei abgeschafft. Wenige Jahrzehnte später folgte der zweite Unabhängigkeitskampf. In einer der ersten Schlachten starb der cubanische Dichter und Freiheitskämpfer José Martí, intellektueller Anführer des Unabhängigkeitskrieges und Gründer der revolutionären Partei Cubas, welcher in Cuba bis heute allgegenwärtig ist. Drei Jahre später griffen unter Befürwortung vieler Cubaner, die USA im Kampf gegen die Spanier ein, allerdings wie später immer deutlicher wurde nicht, um Cuba zur Souveränität zu verhelfen, sondern das Land für die Annektierung vorzubereiten. Dieser Krieg wurde von Lenin als der erste imperialistische Krieg in der Geschichte bezeichnet. Es folgte nach dem für die Amerikaner siegreichen Krieg die offizielle Gründung der Republik Cuba. In der Verfassung wurde neben permanentem Recht auf militärische Invasion zur Wahrung der US-amerikanischen Rechte und Profitinteressen, auch die Nutzung von Guantanamo Bay auf dem cubanischen Festland als Militärbasis eingefügt.
Zahlreiche US-hörige Regierungen, als auch Diktaturen, wie letztlich die Batistas, stürzten Cuba abermals in eine ökonomische und politische Abhängigkeit zu den USA. Der US-amerikanische Großkonzern United Fruit Company, heute Chiquita Brands International Inc., zum Beispiel verfügte über drei Viertel der cubanischen Zuckerproduktion. Ebenfalls waren der Eisenbahnverkehr, die Ölraffinerien, die Tankstellen, die Nickelförderung, weite Bereiche des Bank- und Kreditwesens und weitere Teile der cubanischen Infrastruktur nordamerikanisch kontrolliert, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Cuba bekam seine Bezeichnung ,,Hinterhof der USA“ nicht von ungefähr. So waren auch die Machenschaften der Mafia hier allgegenwärtig und Prostitution, Glücksspiel etc. bitterer Alltag.
Viva la Revolución!
Infolgedessen nahmen unter Batistas Diktatur Korruption, soziale Ungerechtigkeit und Armut erheblich zu. Es formierte sich eine Untergrundbewegung mit massiver Unterstützung durch die Bevölkerung, nach vielen militärischen Konflikten und Niederlagen, zum Sieg der Revolution auf Cuba im Jahr 1959 führte. In den ersten Jahren der Revolution wurden die US-amerikanischen Unternehmen enteignet, um das Land der cubanischen Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Die Interessensgruppen der enteigneten Enteigner, welche während der Revolution überwiegend nach Miami flüchteten, schrecken bis heute nicht davor zurück, Versuche zu unternehmen den cubanischen Staat zu schwächen. Die USA schränkten nach und nach die Handelsbeziehungen zu Cuba ein und verhängten letztlich das bis heute gültige Wirtschaftsembargo und brachen ihre diplomatischen Beziehungen bis 2014 ab.
Somit suchte Cuba die Unterstützung der Sowjetunion, welche sich durch die Lage Cubas geopolitische Vorteile versprach, wofür sie Cuba eine enorme Wirtschafts- und Militärhilfe zukommen ließen. Cuba befand sich abermals in der Abhängigkeit zu einer anderen Großmacht, allerdings in einer selbstgewählten, von welcher nicht nur eine Seite profitierte. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks brachen Anfang der 90er Jahre 85% der cubanischen Handelsbeziehungen weg und Cuba war darauf angewiesen sich neue Handelspartner zu suchen. Es brach damals die Spezialperiode in Friedenszeiten an, in der es an vielen Dingen mangelte und zum Beispiel nur alle 8 Stunden für 8 Stunden Elektrizität zur Verfügung stand. Durch den Ausbau der Handelsbeziehungen zu Lateinamerika, die Einführung von Tourismus aber vor Allem durch den enormen Zusammenhalt der Bevölkerung konnte diese Zeit überstanden werden. Heute existieren gute Beziehungen zu den anderen ALBA-Staaten auch die Gründung der Freihandelszone CELAC 2010 war ein großer Schritt, um sich aus der Isolierungspolitik der USA zu befreien. Selbst die herrschende Klasse der USA bemerkte nun, dass ihre bisherige Cubapolitik sich nicht profitabel gestaltet, wie Obama in seiner Rede vom 17.Dezember 2014 offenlegte. Vergangene Erfahrungen haben gezeigt, dass die Versprechen der US-Regierung aber skeptisch betrachtet werden müssen und wer Obamas Rede genau liest, merkt, dass dies nur ein neuer Versuch ist, US-amerikanische Interessen in Cuba durchzusetzen. Somit verschieben sich die Schwerpunkte im Krieg gegen Cuba und aus einem hauptsächlich ökonomisch geführten Krieg wird nun ein ideologischer Krieg. Die Geschichte um den Kampf der Unabhängigkeit geht also weiter, so betonte Raúl Castro in seiner Rede vom 17. Dezember 2014:
„Das heldenhafte kubanische Volk hat im Angesicht großer Gefahren, Aggressionen, Widrigkeiten und Opfer bewiesen, dass es seinen Idealen von Unabhängigkeit und sozialer Gerechtigkeit treu ist und immer sein wird. Eng vereint haben wir in diesen 56 Jahren der Revolution tiefe Treue gegenüber jenen bewahrt, die seit dem Beginn unserer Unabhängigkeitskriege, von 1868 an, in Verteidigung dieser Prinzipien gefallen sind.“
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