Hundert Tage nach Irma

Als sich am Sonnenuntergang des 9. September das Zentrum des Hurricanes Irma über den Cayas del Norte positionierte, bestätigte das Institut der Meteorologie, dass genau in dem Moment das gefährlichste und gewaltvollste Ereignis der Geschichte des Atlantiks statt fand. Es bildeten sich hurricaneartige Winde, welche 3 Tage lang vom Norden von Las Tunas nach Mayabeque wüteten. Diese Winde erreichten 12 Provinzen des Landes. Insgesamt mussten 1,8 Millionen Menschen evakuiert werden. 179000 Wohnungen wurden durch den Hurricane zerstört. Der Sturm löste auch den ersten Zusammenbruch des Elektrizitätssystem jemals aus. Doch nach nur 20 Tagen gab es im gesamten Land schon wieder Strom und Wasser. Allein in Santi Spiritus entstanden durch Irma Schäden von insgesamt über 550 Millionen Euro. Die größten Schäden entstanden bei Gebäuden, der Stromversorgung, der Wasserversorgung, der Agrikultur und der Kommunikation.

Weniger als 4 Monate nachdem Hurricane Irma im Norden Kubas wütete, ist die Arbeit an den Wiederaufbauarbeiten in Santi Spiritus, einer der am meisten betroffenen Provinzen, noch voll im Gange. Vor einer Woche – genau an 100 Tagen nach Irma – wurden nun Statistiken über die Lage in verschiedenen Orten veröffentlicht. Um die Situation nach nicht mal vier Monaten Vorort wiederzuspiegeln, nun ein paar Zahlen zu verschiedenen Wiederaufbauprozessen in Santi Spiritus:

Schäden im Bereich der Wohnungen:

Beschädigte Wohnungen:  19159, davon repariert: 6013 (35%)

Komplett eingestürzte Wohnungen: 1917, davon repariert: 167 (9%)

Teilweise eingestürzte Wohnungen: 1647, davon repariert: 47 (2%)

Komplett zerstörte Dächer: 1768, davon repariert: 735 (42%)

Teilweise zerstörte Dächer: 12583, davon repariert: 4906 (39%)

Betroffene Mehrfamiliengebäude: 288, davon repariert: 36 (13%)

Schäden in staaatlichen Institutionen: Sektor wiederaufgebaut

Ernährungsindustrie: wiederaufgebaut: Alle 40

Gesundheit: wiederaufgebaut: 74 von 80

Bildung: wiederaufgebaut: 124 von 137

Kultur: wiederaufgebaut: 10 von 11

Komerz: wiederaufgebaut: 112 von 119

Transport: wiederaufgebaut: 143 von 148

Um den Geschädigten mit Rat und Tat beiseite zu stehen, wurden viele Hilfskräfte zur Verfügung gestellt. Diese betreuten insgesamt über 19000 Fälle. Auch wurde und wird ihnen finanziell geholfen: Komplett rückerstattet wurden 13000 Menschen, 3200 Menschen bekamen gebührenfrei Kredite von der Bank, 615 Menschen bekamen Zuschüsse und soziale Assistenz bekamen über 100 Menschen. Und der Prozess ist immernoch im gange – der kubanische Staat betont aber immer wieder, am Ende werde keiner auf den Kosten des Wiederaufbaus seiner Existenzgrundlagen sitzen bleiben.

Anders als in vielen anderen Ländern bemüht sich der kubanische Staat nämlich direkt darum, so vielen wie möglich ihre Lebensgrundlage wieder zu geben, ohne dass dafür gezahlt werden muss. Hier in Kuba wurden der Zwischenzeit Wohnungen gestellt, teilweise auch von Privatpersonen. Auch wurde sich darum gekümmert, dass besonders in so einer schwierigen Zeit ein bisschen Alltag und Normalität in das Leben aller einkehren kann: so wurde zum Beispiel sicher gestellt, dass der Schulalltag sofort weiter gehen konnte. Auch wenn viele Schulen zerstört wurden, wurden andere Örtlichkeiten gesucht. Und dabei hat sich jeder Einzelne eingebracht: viele Privatpersonen stellten ihre Häuser freiwillig zur Verfügung, und funktionierten sie zu Schulen um. Auch an solchen Dingen sieht man, was für ein Gemeinschaftsbewusstsein auch in Extremsituationen unter den Kubaner*Innen vorherrscht.

Der Alltag in Santi Spiritus sieht auch wieder normal aus. Wir verbrachten Mitte Dezember eine Woche in Caibaguán, einem Dorf in der Provinz. In keinem der Orte, die wir dort besuchten, sahen wir Anzeichen von Zerstörung – nicht mal, als wir auf das Land rausfuhren, und Bäume auf einem Feld pflanzten, sahen wir Schäden. Der Aufbau ist also wirklich schon stark vorangeschritten. Als ich kurz vor unserem Abflug hörte, wie gefährlich dieser Sturm sei, hatte ich Angst, dass die Auswirkungen mein Leben hier stark beeinflussen würden. Diese war aber überflüssig – alle lebenswichtigen Dinge wurden nämlich sofort repariert: I Havanna Die Strom- und Wasserversorgung ist dank der Hilfe tausender Freiwilliger schon seit ein paar Tagen nach Irma wieder komplett aufgebaut, und die Schäden an Gebäuden und Infrastruktur sind schon lange beiseitigt.

Das einzige, was mir im Alltag auffällt, ist dass es keine Avocado mehr zu kaufen gibt. Die Ernte wurde nämlich vom Sturm zerstört. Da Avocado aber nun alles andere als lebensnotwendig ist, und die restliche Auswahl an Obst und Gemüse höher denn je ist, sind meine Befürchtungen komplett umsonst gewesen. Ein normales Leben ist also sowohl für mich, als auch die Kubaner*Innen wieder möglich.

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