Gedenkensfeier zur einjährigen physischen Abwesenheit Fidels

Ein Jahr ist vergangen nachdem das ehemalige Staatsoberhaupt Kubas, Fidel Castro, verstorben ist. Hingegen aller Spekulationen und Propaganda westlicher, anti-kommunistischer Medien, ist Kuba weder durch eine Konterrevolution, noch durch Einwirkungen von außen gestürzt worden und hält weiterhin an seinen fortschrittlichen Vorstellungen und Idealen fest.

Am 1. Todestag von Fidel war ganz Havanna mit kubanischen Fahnen dekoriert, pünktlich um 0 Uhr des 25. November, dem Todestag, wurde von unseren kubanischen Freunden ein Schluck Rum auf den Boden gegossen, um dem verstorbenen Genossen und Freund „Fifu“, wie sie ihn untereinander nennen, zu ehren.

Neben unserer kleinen Gedenkfeier, gab es natürlich auch verschiedene offizielle Events in der ganzen Stadt von und für verschiedene Zielgruppen. Eine der Veranstaltungen für die Jugendlichen wurde von der kommunistischen Jugend, der UJC, organisiert.

Neben verschiedenen Jugend-Massenorganisationen, SportlerInnen, SchülerInnen und StudentInnen wurden wir, die Teilnehmer des Projekts, dank der CUJAE, der Universität an der wir studieren, auch eingeladen.

An der Escalinata, einer langen, breiten Treppe zur Universität Havanna, wurde die Veranstaltung abgehalten. Einlass war um 16 Uhr, als wir um 10 nach 4 auf dem Gelände ankamen, war es bereits voll und nur mit Glück bekamen wir noch einen Sitzplatz in dem Bereich, der für die CUJAE-StudentInnen besetzt war, und konnten auf einem Plastikstuhl, anstatt auf der Steintreppe sitzen. Ein bisschen fehl am Platz fühlten wir uns, da alle StudentInnen ihr weißes CUJAE-Shirt anhatten, und wir in dem weißen Menschenmeer wie bunte Hunde auffielen.

Bei der Gedenkfeier wurde der Fokus darauf gelegt, die kubanische Jugend einzubeziehen, deswegen waren bis auf einige Politiker und Berühmtheiten wie dem Vize-Präsidenten des Staats- und Ministerrats Miguel Diaz-Canel Bermúdez, der Erziehungsministerin Ena Elsa Velázquez Cobiella. der Kulturministerin Abel Prieto Jiménez und einigen LehrerInnen und ProfessorInnen nur Vertreter der Jugend, eingeladen. Anwesend waren StudentInnen der Uni Havanna und der CUJAE, SchülerInnen der Preuniversidad (vergleichbar mit der Oberstufe des Gymnasiums), SportlerInnen, VertreterInnen der UJC und der Massenorganisationen, VertreterInnen verschiedener Zivil- und Militäreinheiten, und der Marine. Alle waren herausgeputzt in Schul- oder Militäruniform, in T-Shirts die ihre Universität repräsentierten oder hatten T-Shirts mit Fidel, Che Guevara oder Parolen darauf, an.

Persönlich fragte ich mich aber, warum Jugendliche, die eine Ausbildung machten oder „einfache Arbeiterjugendliche“ nicht eingeladen waren, schließlich ist Kuba ein Land, dass von sich behauptet im Prozess zu sein, den Sozialismus aufzubauen. Sollte so ein Land nicht auch den Anspruch haben Studenten und einfache Arbeiter gleichberechtigt zu behandeln? Im Nachhinein klärte sich, dass es verschiedene Veranstaltungen für die Jugend gab. Trotzdem fand ich es schade, dass die Jugend diesen Trauertag nicht als Einheit verbracht hat.

Der gesetzte Fokus wurde dadurch betont, dass neben der kubanischen Flagge, einem Foto von Fidel und der Fahne des „Movimiento 26 de Julio“ , auch die Fahne der UJC, und die der Massenorganisationen FEEM (Federación estudantil de enseñanza media, Massenorganisation der weiterführenden Schule) und FEU (Federiación de estudiantes universitarias, Massenorganisation der Studenten) von den Gebäuden gehängt wurden.

Das eigentliche Event ging erst in 2 Stunden los, doch es war bereits interessant zu warten und die Jugendlichen zu beobachten. Viele Fragen gingen mir durch den Kopf; Waren sie freiwillig hier, oder wurden sie von ihren LehrerInnen und ProfessorInnen angeschleppt? Waren sie alle überzeugte SozialistInnen und KommunistInnen? Als ich an gleichaltrige Jugendliche aus Deutschland dachte, konnte ich mir schwer vorstellen, dass alle Anwesenden, ja, dass nichtmal ein Teil von ihnen politisches Bewusstsein hat. Aus meiner Heimat kenne ich Politikverdrossenheit und Desinteresse, und stand dem Ganzen deswegen skeptisch gegenüber.

Meine Gedanken und Zweifel wurden von einer plötzlichen Unruhe unterbrochen; Viele rannten auf einmal in eine Richtung und eine Menschenmasse bildete sich um Jemanden. Aus der Ferne sahen wir nur noch Arme, die zum Selfie machen ausgestreckt waren, jemand Berühmtes muss gekommen sein. Wir fragten Julian, den Koordinator des Projekts, ob er nicht gesehen hätte, um wen sich die Jugendlichen scharten. Er antworte, es sei Gerardo Hernández, einer der „Cuban 5“. Wir freuten uns sehr, da es bereits der Zweite von fünf war, den wir treffen konnten. Es fehlten also nur noch drei, um unsere fünfköpfige Sammlung zu vervollständigen. Julian und seine Frau, Gilda, kannten ihn natürlich persönlich, begrüßten ihn seelenruhig mit Küsschen, und stellten uns vor, während sich hinter uns bereits eine lange Schlange bildete, um eine Foto zu ergattern. Er gesellte sich zu den CUJAE StudentInnen, um Gruppenfotos zu machen und setze sich irgendwann zwischen sie auf die Steintreppe, die sich aufgeregt um ihn drängten.

Dass die „Cinco Héroes“ auf Kuba berühmt waren, war mir klar, doch dass sie auch unter Jugendlichen wie Superstars behandelt wurden, überraschte mich.

Genauso wie sie sich in diesem Moment um Gerardo Hernandez drängten, weil sie ihn als Idol sahen für seine mutigen Taten, so drängten sie sich jetzt auf die Steintreppen, um aus dem gleichen Grund Fidel zu feiern.

Langsam wurde es dunkel, um 18:30 ging die eigentliche Veranstaltung endlich los.

Zu Beginn war der Platz still. Als die ersten Noten der Hymne über den Platz hallten, standen alle auf und sangen laut mit.

Mit einem lauten ¡Viva Fidel! wurde die Hymne beendet, und ich bekam eine Gänsehaut, als der ganze Platz mit ¡Viva! antwortete. Anschließend begrüßte die Moderatorin auf der Bühne alle Anwesenden zur Gala.

Auf den Treppenstufen um mich herum drängten sich die Jugendlichen. Kurz vor Beginn war es unmöglich nach unten oder nach oben zu laufen, da kein Weg mehr frei war. Einige mussten leider draußen bleiben, da die Treppe überfüllt war, und konnten sich die Veranstaltung nur vom Public Viewing, direkt vor der Universität, anschauen. Was die Leute, die draußen bleiben mussten, leider verpassten, war die unfassbar gute Stimmung den ganzen Abend lang. Jedes Lied wurde lautstark mitgesungen, aus der Menge wurden immer wieder Parolen angestimmt, und vom gesamten Platz beantwortet.

¡Viva Kuba! ¡Viva Fidel – ¡Viva! (Es lebe Kuba, Es Lebe Fidel) oder ¿Dónde está Fidel? – ¡Aquí! (Wo ist Fidel – Hier, im Sinn von Fidel und seine Ideen leben weiterhin in den Herzen und Köpfen der Menschen) wurden oft angestimmt. Es war eine Stimmung, die man sich auf jeder Demonstration, auf jedem 1.Mai wünscht, die Menschen waren voller Elan und Energie.

Auf der Bühne wurde getanzt und peformt, kleine Filme zu Fidels Leben gezeigt, es wurden auch verschiedene Reden von Vertretern der Massenorganisation vorgetragen.

Eine handelte davon, wie Fidel die Jugend geprägt hat, und wie sie jeden Tag daran arbeiten würden, bessere KommunistInnen zu sein, um die revolutionären Ideen, die Fidel vertreten hat, umzusetzen. Eine Andere ging darum, welche Bedeutung die Revolution für die Bildung hatte und die anwesenden Jugendlichen ein Produkt ihrer seien.

Verschiedene berühmte Sänger und Liedermacher aus ganz Kuba traten zu Ehren Fidels auf, aber für mich waren die eigentlichen Stars die Jugendlichen hinter mir, vor lauter Umdrehen verpasste ich viel vom Bühnenprogramm und bekam einen Krampf im Nacken, trotzdem konnte ich nicht aufhören sie zu beobachten. Mir machte es einen unglaublichen Mut, dass hinter mir mehrere Tausend junge Menschen standen, die für ein besseres Kuba und eine bessere Welt kämpfen wollten, und aus voller Kraft und eigener Überzeugung sozialistische Lieder und Parolen mitsangen. Es machte mir Hoffnung, dass nicht nur die Persönlichkeit Fidel Castro, sondern auch seine revolutionären Ideen unter den Jugendlichen weiterhin verbreitet sind, die dafür einstehen ein Land nach seinem Vorbild weiter zu gestalten und die begonnene Revolution weiterzuführen.

In der Zwischenzeit sind meine anfänglichen Zweifel, ob sie freiwillig da wären verflogen, durch die Energie, welche die Jugendlichen dem Ganzen entgegenbrachten. Keiner saß gelangweilt rum oder war am Handy.

Die größte Gänsehaut bekam ich, als auf der Bühne von einer Schülerin das „Concepto de la Revolución“ (Konzept der Revolution), eine Rede von Fidel, vorgetragen wurde und der gesamte Platz mit leuchtenden Augen die Rede mitsprach. Eine Frau hinter uns reichte uns aus ihrem Geldbeutel einen kleinen, handgeschriebenen Zettel, auf dem die Rede stand, als sie sah, dass wir als einzige auf dem Platz die Worte nicht kannten.

Mein Lieblingsmoment, war der krönende Abschluss, als alle Showacts auf der Bühne gemeinsam ein Lied sangen, und die Jugendlichen hinter mir ein Lichtermeer aus Handylampen bildeten und sich gegenseitig Arm in Arm liegend mitschaukelten

(siehe Video unten).

Als das Event vorbei war, strömten wir mit allen Jugendlichen aus der Uni auf die Strasse, einige Grüppchen machten noch Selfies, doch statt „Cheese“ riefen sie „Fidel“.

Logischerweise war die Kloschlange auf dem Gelände lang und wir gingen ins nächstgelegen Restaurant, um uns die Wartezeit zu sparen. Dort lief im Fernseher in den Nachrichten bereits ein Bericht zu der Gala, auf der wir gerade waren, und ich konnte erst nachdem ich es im Fernseher gesehen hatte, begreifen, was eine Masse an Jugendlichen zusammen gerade mit uns dieses Event erlebt hat und fühlte mich wie ein Teil von etwas Größerem.

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