Auf der Suche nach Olivenöl oder warum in Cuba die Regale teilweise leer sind

Ich: „Hay aceite de oliva?“ (Gibt es Olivenöl?)
Antwort: „No, no hay!“ (Nein, gibt es nicht!)
Ich erlebe das erste Mal, dass auch wenn ich über die finanziellen Mittel verfüge, ich die Dinge die ich gerne hätte, nicht kaufen kann da sie gar nicht importiert werden, nicht hier hergestellt werden oder gerade ein Mangel daran herrscht. So merke ich in einem Devisenladen wenn es gerade an Devisen mangelt, dass einige Regale dann leer sind. Z.B. meine Einkaufstour letzte Woche: Ich komme zurück und habe nicht alle Dinge auf meinem Einkaufszettel in den 5 Läden wo ich nachfragte bekommen. Olivenöl, Haarlack, Käse, Nudeln und Gemüsebrühe standen auf meiner Liste und die beiden Erstgenannten waren für mich nicht aufzutreiben.

Worin aber bestehen die Ursachen dieser Güterknappheiten? Cuba ist weitestgehend vom internationalen Kreditmarkt abgeschnitten und muss daher für Importe auf seine vorhandenen Devisenbestände zurückgreifen. Dies resultiert sich u.a. aus der Blockade, auf welche später eingegangen wird. Wenn aufgrund konjunktureller Schwankungen die Deviseneinnahmen (wie derzeit aufgrund des niedrigen Nickelpreises) zurückgehen, hat dies direkte Auswirkungen auf die Importkapazitäten des Landes.

Neben dem Mangel an Devisen gibt es noch andere Ursachen für diesen Umstand, dass Güter gar nicht oder nicht immer zu kaufen sind. So gibt es keinen Großhandel für Importprodukte was dazu führt, dass Privathaushalte genauso wie Restaurants, Cafeterien und andere gewerbliche Kunden in den selben, relativ kleinen Devisenläden einkaufen müssen. Da beispielsweise Restaurants einen höheren Bedarf an den Produkten haben, wird dann auch gerne auf Vorrat gekauft, wenn es heißt „Hay“ (es gibt) und dann sind kurz darauf die Regale erneut wieder leer.
Als weitere Ursache kommt die Korruption in den Ministerien und Läden hinzu, so dass einige Güter auf dem Schwarzmarkt landen anstatt in den Geschäften sind. Diese Produkte findet man dann z.B. auf Internetplattformen wie „Revolico“ oder „Porlalivre“ während die Regale in den Geschäften leer sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf einem anderen Bereich der Schattenwirtschaft hier eingehen. In der Dokumentation „EL TREN DE LA LÍNEA NORTE“ wird unter anderem berichtet, dass ArbeiterInnen aus ihren jeweiligen Betrieben z.B. Zucker, Mehl und Baustoffe wie Beton entwenden, für den Eigenbedarf und den Weiterverkauf. Auch werden Produkte von der Libreta (Artikel Libretta) nicht selbst verbraucht sondern am Straßenrand weiterverkauft, so erwerbe ich beispielsweise meinen Kaffee.
Auch die Blockade der USA wirkt sich auf den Außenhandel negativ aus. So darf z.B. ein Frachtschiff welches in Cuba anlegt ein halbes Jahr keinen US-amerikanischen Hafen ansteuern. Für die Unternehmen ist das natürlich eine Frage der Kalkulation und der weiteren Planung, denn diese wollen ein lohnendes Geschäft machen. Die Schiffsrouten verlaufen meist geographisch günstig über die Häfen der USA. Da Cuba diese Routen nicht in Anspruch nehmen kann, muss die Insel auf seltenere und teurere Schifffahrtsrouten zurückgreifen, was sich auf Preis und Verfügbarkeit vieler Produkte niederschlägt.

Viele CubanerInnen haben im Laufe der Zeit Lösungsstrategien für diese Probleme entwickelt. So organisieren sich viele mit Telefonketten oder kaufen für die Tante oder den Nachbarn bestimmte Produkte mit ein. Ich für meinen Teil muss mich erkundigen und durchfragen wo ich nun was bekomme (was sich auch jeden Tag ändern kann), da ich über solche Netzwerke nicht verfüge. So verbringe ich recht viel Zeit mit der Beschaffung von Nahrungsmitteln. In solchen Momenten vermisse ich „meinen“ Discounter vor der Tür, wo es immer alles gibt.* Auch wenn ich letztendlich ein Olivenöl gefunden habe, war ich dann nicht bereit 10 CUC (etwa 10 Euro) dafür auszugeben. Ich werde weiter Ausschau nach einem moderateren Preis dafür halten und solange bleibe ich dann bei Sojaöl.
Die cubanische Regierung erkennt die Probleme und ist um Änderungen bemüht. Derzeit ist eine Ausschreibung geschaltet, bei der nach einem Joint-Venture-Partner gesucht wird um auf Cuba Großmärkte zu bauen. Des Weiteren hat die cubanische Regierung 2008 ihre Bemühungen verstärkt im Kampf gegen die Korruption. Dazu wurde im folgenden Jahr eine Art „Bundesrechnungshof“ geschaffen, der dafür zuständig ist mittels interner Audits, Korruptionsfälle aufzudecken.

Dieser Artikel ist von Mary. Hier geht es zu weiteren Artikeln von ihr.

*Dabei ist zu erwähnen, das rund 50% der Lebensmittel im Laufe der Produktion und Verkauf als Abfälle entsorgt werden und Vereine bzw. Organisationen wie die Tafel oder Foodsharing als günstige „Entsorger“ dieser auf den Plan rufen um das genießbare Essen noch zu verteilen.

8 Gedanken zu „Auf der Suche nach Olivenöl oder warum in Cuba die Regale teilweise leer sind“

  1. Mal ganz nebenbei – ich glaube, daß in einem Land, wo die Gleichberechtigung der Frauen, wie bisher in jedem anderen sozialistischen Land, keine solchen lächerlichen, sprachverhunzenden „Wortschöpfungen“ wie „ÄffInnenliebe“, „AusländerInnen“ und „CubanerInnen“ nötig hat. In der Sowjetunion sagte man immer ganz selbstverständlich: „Meine Frau ist Arzt“, und wohl keine Frau würde sich zurückgesetzt fühlen auf dem sinkenden Schiff verbleiben, wenn der Kapitän ausrufen ließe „Alle von Bord!“

    1. Sehe ich ganz genauso.
      Wenn z.B. aus dem eigentlich geschlechtsunspezifisch gemeinten „man“ „mensch“ und aus „jemand“ „jemensch“ gemacht wird, weil man glaubt, die eigentlich längst verloren gegangenen sprachetymologischen Kontexte wieder reaktivieren zu müssen, weil eine vermeintliche Betroffenheit angenommen oder gar unterstellt wird, obwohl das außerhalb der Elfenbeintürme überhaupt nicht reklamiert wird, hat nicht begriffen, dass Sprache auf der Straße stattfindet und dort funktionieren muss. Mit solcherart Sprachrevisionismus schafft man erst neue Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten, die nichts mit Sensibilität zu tun haben. Die Bedeutung und Deutung von Worten ändert sich unter Umständen im Laufe der Zeit, ganz ohne Diktat.

  2. Natürlich ist ein Produkt wie Haarspray nicht unbedingt lebensnotwendig. Es sollte daran exemplarisch dargestellt werden, warum und weshalb viele Produkte nicht oder nur manchmal erhältlich sind. Hierzu zählen neben einigen Grundnahrungsmitteln auch Medikamente und andere medizinische Versorgungsgüter. Diese Knappheiten betreffen dabei nicht nur AusländerInnen und den wohlhabendsten Teil der Bevölkerung, sondern insbesondere auch jene CubanerInnen die auf die Versorgung mit subventionierten Produkten angewiesen sind. Viele Produkte des täglichen Bedarfs (z.B. Hygieneartikel, Gewürze, Getränke und andere Industrieprodukte) sind dabei ausschließlich in Devisenläden erhältlich, in denen mittlerweile fast überall auch mit Moneda Nacional (CUP) bezahlt werden kann. Ziel meines Artikels war es, die Lebensrealität der oft defizitären Versorgung nachzuzeichnen. Gerade die Kartoffeln sind dabei ein hervorragendes Beispiel für die nichtverfügbarkeit bestimmter Produkte. Während an Reis und Bohnen kein Mangel herrscht sind normale Kartoffeln oftmals nur über den Schwarzmarkt erhältlich –­­ zu Preisen, die fernab der Kaufkraft des durchschnittlichen Cubaners liegen (250 g. für 1 CUC).

    Die Ursachen für diese Schwierigkeiten sind vielfältig und liegen selbstredend in der menschenverachtenden US-Blockade. Doch ein Teil dieser Probleme sind auch hausgemacht. So gab es im Jahr 2014 eine größere Untersuchung im Ministerium für Binnenhandel, bei der zahlreiche Fälle von Korruption und systematischer Unterschlagung von Importwaren aufgedeckt worden sind. Raúl Castro selbst hat den Kampf gegen die Korruption als entscheidend für das Fortbestehen der Revolution erklärt und immer wieder Beispiele für die Alltagskorruption in seinen Reden angeführt.
    Mary

    1. Soweit ich weiß verhält es sich mit Kartoffeln ähnlich wie mit dem Rindfleisch auf Kuba, Der Staat hat die Hände drauf und der Handel ist staatlich organisiert.
      Das Mantra des „Fortbestehens der Revolution“ trägt auf Kuba kaum jemand in den Köpfen. Denn verinnerlicht hat diese Formel dort kaum jemand. Kubaner bringen damit allenfalls die kostenlose und relativ gute medizinische Versorgung, den kostenlosen Zugang zu Bildung und den Zugang zu einer gewissen Grundversorgung in Zusammenhang, auch wenn diese für den Monat nicht wirklich
      ausreicht. Was diese Formel eigentlich politisch bedeutet, ist den meisten in der Konsequenz überhaupt nicht klar, Den persönlichen Vorteil mitzunehmen bestimmt auch dort das Leben der Menschen, wie überall auf dieser Welt.

  3. Ich frage mich ernstlich: Was soll das? Hat Kuba nicht genügend andere Probleme als das Olivenöl, den Haarlack und die Nudeln der Lady „Mary“. Na, wie schön, daß es doch wenigsten „Devisenläden“ gibt, wo sich die verwöhnten Dämchen und Herren aus der deutschen Wohlstandsprovinz mit den lebensnotwendigsten Dingen eindecken können. Die armen kubanischen Hungerleider müssen derweil Kartoffeln fressen. Tut mir leid, aber die USA-Blockade Kubas ist nunmal verbrecherisch und menschenverachtend. Darüber muß man nicht nochspekulieren…

    1. Es ist ja richtig, dass die Blockade der USA einen spürbaren Impact auf die Versorgungssituation auf der Insel hat. Andererseits muss aber auch über die eigenen Versäumnisse gesprochen werden. Das Mantra, unter dem Einfluss des Embargos zu stehen, steht doch leider allzu oft ersatzweise als Erklärung für viele eigene Unzulänglichkeit. Warum werden 70% der Lebensmittel teuer für Devisen importiert? So sieht man z.B. viele Waren mit dem auch hier bekannten „SPAR“ Label aus Spanien? Auch Klopapier wird aus Vietnam importiert.
      Der verächtliche Verweis auf die Devisenläden und die verwöhnten Europäer, die darin einkaufen können ist wenig zielführend. Soll jemand ein schlechtes Gewissen haben, weil er/sie Zugang zu den Devisen hat? Oder soll er/ sie es sein lassen und sich solidarisch in die Schlange vor der Bodega anstellen? Wäre unsinnig, denn ohne Libretta bekommt man dort nichts!
      Wenn man weiß, dass Kuba auf die Einnahmen aus den Devisenshops angewiesen ist, um andere notwendige Ausgaben für wichtige Importe decken zu können, dann ist etwa „Konsumverzicht“ in Devisenshops keine sinnvolle Antwort darauf.
      Es obliegt der politischen Führung, Umstände zu ändern und in sinnvolle Bahnen zu lenken. Es ist elementar und überlebenssichernd, dass Besucher ihr Geld nach Kuba tragen und es dort auch ausgeben.

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